: Gemeinsame Akzente im Friedensprozess
Die Palästinenser erfahren internationalen Aufwind: Nach dem russischen Außenminister Lawrow ist inzwischen sein britischer Amtskollege Straw eingetroffen. Die Vorbereitungen für die Wahl der Nachfolge Jassir Arafats sind in vollem Gange
AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL
Kaum zwei Wochen nach dem Tod des Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat muss die Führung in Ramallah einen Staatsbesuch nach dem anderen abwickeln. Der scheidende US-Außenminister Colin Powell reiste als Erster nach Jericho, am Dienstagabend traf sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow mit PLO-Chef Mahmud Abbas, genannt Abu Masen, und Premierminister Ahmed Kurei, genannt Abu Ala, zusammen. Nach Ankunft des britischen Außenministers Jack Straw stand die Umsetzung der „Roadmap“ im Zentrum der Gespräche mit seinem Kollegen Silvan Schalom.
Das zentrale Thema ist derzeit die für den 9. Januar 2005 angesetzte palästinensische Präsidentschaftswahl. Notwendig sei vor allem der freie Zugang der Palästinenser zu den Wahlurnen, sagte Lawrow. Israel kündigte an, einen Teil der Reisebeschränkungen in Kürze aufzuheben. Dabei geht es allerdings in erster Linie um christliche Pilger, denen in der Vorweihnachtszeit die Fahrt von Jerusalem nach Bethlehem erleichtert werden soll. Bereits im Vorfeld der Irak-Konferenz in dem ägyptischen Badeort Scharm al-Scheich hatten hochrangige Vertreter des so genannten Nahost-Quartetts USA, UNO, EU und Russland, die Initiatoren des Friedensplans, über eine Wiederbelebung des Friedensprozesses beraten. Lawrow, der den Gesprächen beiwohnte, wiederholte gegenüber den Palästinensern die Verpflichtung des „Quartetts“, eine Umsetzung der „Roadmap“ zu forcieren.
Ungewohnt unversöhnlich gab sich Abu Masen im Rahmen einer Trauerfeier für Arafat in Ramallah, als er auf dem Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge beharrte. Eine Forderung, die das Ende des Judenstaates bedeuten würde. Offenbar zielte der neue PLO-Chef damit auf die Fatah-Jugend, die die Entscheidung des Partei-Zentralrats, Abu Masen als Präsidentschaftskandidaten aufzustellen, ablehnt. Der Fatah-Nachwuchs bevorzugt den 45-jährigen Marwan Barghuti, derzeit inhaftierter Chef der Fatah-Tansim im Westjordanland. Barghutis Frau Fadwa kündigte an, dass er in der kommenden Woche über seine Kandidatur entscheiden werde. Außenminister Nabil Shaath appellierte an Barghuti, sich der „Parteientscheidung zu fügen“.
Überraschende Rückendeckung genießt Barghuti von Haider Abdel Shafi, der seine eigene Kandidatur inzwischen zurückgezogen hat. „Barghuti wird von allen nationalen und demokratischen Parteien und der Zivilbevölkerung unterstützt werden“, so der 87-jährige Chef des Roten Halbmondes in Gaza.