: Stimmenpoker in der EU
EU-Parlament regt Kompromiss im Abstimmungsstreit an. Polen und Spanien wollen am alten Modell festhalten
BRÜSSEL afp ■ Das Europaparlament schließt angesichts der festgefahrenen Verhandlungen über die EU-Verfassung in der Abstimmungsfrage ein Abrücken von dem Mehrheitsmodell des Konvents nicht mehr aus. Die EU-Volksvertretung sprach gestern von einer „Verhandlungsmarge“. Dem Entwurf des Konvents zufolge sollen Beschlüsse im Ministerrat künftig mit der Mehrheit der Zahl der Mitgliedsländer getroffen werden, die zusammen 60 Prozent der EU-Bevölkerung stellen. Dagegen wehren sich Polen und Spanien, deren Einfluss im zentralen Machtorgan der EU dadurch stark sinken würde. In der Regierungskonferenz werden derzeit andere Mehrheitsmodelle diskutiert – also ein Absenken oder Erhöhen der 60-Prozent-Schwelle.
Der Nizza-Vertrag von 2000 setzt die Hürde für qualifizierte Mehrheiten mit über 72 Prozent sehr hoch, was Beschlüsse erschwert. Auch billigte er Polen und Spanien ein überproportionales Gewicht zu – sie haben je 27 Stimmen, nur zwei weniger als die vier größten EU-Staaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien. Daran wollen beide Länder festhalten, was vor allem bei Deutschland auf Widerstand stößt.