: Pelziger Beigeschmack
Die Zeiten, in denen Naomi Campbell nackt gegen Pelze demonstriert hat, sind vorbei. Frau trägt heute wieder Fell. Grund genug für die Grünen, zum ersten Berliner Tierschutztag zu mobilisieren
VON OLIVER MARQUART
Lieber nackt als Pelz? Das war einmal. Top-Model Cindy Crawford hüllt sich seit Oktober wieder vor Kameras in die Haut erlegter Tiere. Damit folgte sie dem Beispiel ihrer Kollegin Naomi Campbell, die seit längerem wieder Fell trägt. Noch vor zehn Jahren hatten sich beide für eine Anti-Pelz-Kampagne der Tierschutzorganisation Peta im Evakostüm ablichten lassen. Heute sehen sie das wohl eher nach dem Motto: lieber Pelz als arm.
Doch nicht nur Luxusgeschöpfe sind anfällig für den flauschigen Chic. Auch Otto Normalverbraucher hat die Jogginghose satt. Pelz zu tragen ist laut Tierschutzorganisation animal public wieder voll en vogue. „Wenn Sie auf die Straße gehen oder eine aktuelle Modezeitschrift aufschlagen, fallen Sie um!“, empört sich Sprecherin Laura Zimprich. Sie meint damit nicht nur vollständig aus Fell gefertigte Mäntel, sondern auch Pelzbesätze, beispielsweise an Jackenkrägen, die häufig echt sind.
Dafür werden Hunde- und Katzenfelle aus asiatischen Ländern verwendet, die unter Tarnnamen nach Deutschland eingeführt werden. Die meisten Wildpelze wiederum stammen aus Kanada und Russland. Um den Tieren das Fell über die Ohren zu ziehen, nehmen es die Jäger oft in Kauf, dass sie grausam in Tellereisen und ähnlichen Fallen verenden.
Auch das war ein Grund für die Berliner Grünen, heute den ersten Berliner Tierschutztag zu veranstalten. Deren „tierschutzpolitische Sprecherin“ Claudia Hämmerling nannte als Anlass, dass der seit 2002 im Grundgesetz verankerte Tierschutz vom Berliner Senat nur unzureichend umgesetzt werde. So habe Berlin beispielsweise gegen eine Bundesratsinitiative Schleswig-Holsteins gestimmt, ein Klagerecht für Verbände im Tierschutz einzuführen. Bisher können in Tierschutzfragen keine Verbände, sondern nur Einzelpersonen klagen. Im Verbraucher- und Naturschutz ist dies hingegen möglich.
Einen geeigneten Partner für den Tierschutztag fanden die Grünen in animal public. Die Tierschutzorganisation hat sich vor allem den Schutz der Rechte von Wildtieren auf die Fahnen geschrieben. Neben den Pelztieren engagieren sie sich gegen die Haltung von Wildtieren in Zoos und Zirkussen, die Greifvogelhaltung sowie die Jagd.
Die Lage des Tierschutzes in Deutschland beurteilt Laura Zimprich als „gemischt“. Zwar gebe es zahlreiche Initiativen, doch vieles gehe zu stockend voran. Beispielsweise solle die Bundesregierung endlich die Novellierung des Jagdrechts umsetzen, die im Koalitionsvertrag vereinbart sei. Die Fallenjagd müsse verboten werden, ebenso die Ausbildung von Jagdhunden an lebenden Tieren.
Dass der Tierschutz dabei zum Event wird, ist gewollt. Es bringe nichts, das sowieso schon interessierte Fachpublikum anzusprechen, meint Hämmerling. Neben Expertenvorträgen zu traditionellen Themen wie Novellierung des Jagdgesetzes oder Pelztierhaltung wird es am Abend deshalb die „Animal Passion Show“ geben. Für eine Webpelzmodenschau haben Design-Studierende des Lette-Vereins Modelle entworfen, die von Sternchen aus Funk und Fernsehen im Abgeordnetenhaus vorgeführt werden, unter anderem Susan Sideropolous von „GZSZ“ und ZDF-Ansagerin Andrea Ballschuh – Cindy Crawford kam ja leider nicht mehr in Frage.