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Archiv-Artikel

die anderen über die eskalation nach den manipulierten wahlen in der ukraine

Die Zeitung Le Monde aus Paris meint: Abgesehen vom Schicksal der Ukrainer geht es um das Gleichgewicht des ganzen europäischen Kontinents. Sollen die Europäer ihre Haltung gegenüber der Ukraine, Moldawien oder den Ländern des Kaukasus ihren Beziehungen zu Russland unterordnen? Oder sollen vielmehr ihre Beziehungen zu Russland von der Haltung Moskaus gegenüber diesen Ländern abhängen, die Russland einst unterworfen waren? Oder anders ausgedrückt: Wollen wir ein Europa, das wie zu Zeiten des Kalten Krieges in Einflussgebiete aufgeteilt ist, oder haben die Russen endlich begriffen, dass die Zeit der Unterwerfung vorbei ist und dass die paneuropäische Kooperation Unabhängigkeit und Gleichberechtigung voraussetzt?

Die Libération aus Paris kommentiert: Kann man auf ein Happy End hoffen? Auf einen Kompromiss, der es den Rohlingen und Betrügern an der Macht erlaubt, ihr Gesicht (und ihre Interessen) zu wahren und der gleichzeitig dem Streben der Ukrainer nach Demokratie gerecht wird? […] Es ist immer weniger wahrscheinlich. Denn die ‚orangefarbene Revolution‘ ist kein Kinofilm. Der Rohling und der Betrüger, die vor keinerlei Gaunerei zurückschrecken, sind entschlossen, nicht nachzugeben. Sie warten auf den Moment, wo sie ihren Feind von hinten niedermachen können. Dabei pfeifen sie auf die Kritik des Publikums im Westen, sie setzen vielmehr auf das russische Publikum.

Die spanische El País aus Madrid meint: Die durch Wahlbetrug ausgelöste Krise in der Ukraine hat nicht nur in Kiew Spannungen ausgelöst. Sie hat längst die Landesgrenzen überschritten und ist zu einer direkten Bedrohung für die Beziehungen zwischen der EU und Russland geworden.

Zwei Auswege sind denkbar: Entweder es gibt eine unabhängige Überprüfung des Wahlergebnisses, oder die Wahl wird wiederholt. Die zweite Lösung wäre die bessere. Sie böte den Ukrainern einen Weg aus der Sackgasse, in die eine skrupellose Regierung sie hineingeführt hat.

La Repubblica schreibt aus Rom: Seit Mittwochabend weiß man in der Ukraine, dass der Bürgerkrieg jeden Augenblick hereinbrechen kann. Dazu genügt nur noch ein Funke: Eine falsche Nachricht, eine kleine Prügelei, selbst nur eine Beleidigung. Verbitterung, Wut und Übermüdung sind derart gewachsen, dass die Opposition und die staatlichen Autoritäten nicht mehr in der Lage scheinen, die Lage unter Kontrolle zu halten. Die Menschen wissen das, und sie werden von einem Schrecken erschüttert, der sich mit Hass vermischt.