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Archiv-Artikel

Tanz der Schill-Vampire

Hamburgs Rechts-Regierung vertagt ihr Ende. 21 Schill-Abgeordnete wollen an der Koalition auch ohne Schill festhalten. Der und drei Getreue kommen nicht zur Krisensitzung ins Rathaus. Knappe Mehrheit für Senat scheint vorläufig zu halten

von SVEN-MICHAEL VEIT

Ole von Beust flüchtete sich in Galgenhumor: „Zum Glück ist das hier ja nicht die Titanic“, lächelte er in die Kameras, als er gestern kurz vor 17 Uhr zur Premiere des Musicals „Tanz der Vampire“ in der Neuen Flora am Holstenbahnhof erschien. Und fügte hinzu, dass dieses Stück „ja auch besser passt ins Rathaus im Moment“. Denn dort wurde zur selben Zeit um den Fortbestand oder das Ende der Hamburger Rechts-Koalition gerungen.

Mit dem vorläufigen Ergebnis, dass der CDU-Bürgermeister „seine Politik mit uns fortsetzen und mit uns rechnen kann“, wie der Vorsitzende der Schill-Fraktion, Norbert Frühauf, gegen 18 Uhr verkündete. „Geschlossen“ hätten die Abgeordneten sich zur Fortsetzung der Koalition bekannt. Eine Spaltung, so Frühauf erleichtert, „gibt es nicht“.

Zwei Stunden zuvor hatte die Krisensitzung der Schill-Fraktion begonnen. Einziger Debattenpunkt: Die Konsequenzen aus der Amtsenthebung von Ronald Schill als Hamburger Parteichef durch den Bundesvorstand der Schill-Partei am Sonnabend in Berlin (siehe Schwerpunkt Seite 3). Allerdings waren lediglich 21 der 25 Abgeordneten zu dem kurzfristig von Frühauf anberaumten Termin erschienen. Schill ließ sich nicht blicken, auch zwei seiner getreuesten Gefolgsleute, Partei-Vize Wolfgang Barth-Völkel und Horst Zwengel, fehlten, Schills Ex-Partnerin Katrin Freund weilt auf Mallorca.

Frühauf hatte sich vor der Sitzung gegenüber Journalisten zuversichtlich gegeben, dass die Hamburger Koalition halten werde: „Es wird keine Spaltung geben“, höchstens, das räumte er ein, „ein paar“ Abtrünnige.

Ähnliches erklärten auch die Abgeordneten Bodo Theodor Adolphi und Richard Braak, die zu den hartgesottensten Schill-Fans zählen. Man müsse jetzt „unterscheiden zwischen der Partei einerseits sowie der Fraktion und der Koalition andererseits“, sagten beide. Schills Entmachtung durch den Bundesvorstand um den Parteichef und Hamburger Zweiten Bürgermeister Mario Mettbach sei zwar „ein Königsmord“, so Adolphi. In der Hansestadt aber gelte es, die Koalition mit CDU und FDP weiterzuführen: „Keiner von uns will, dass wieder Rot-Grün regiert.“ Braak bekräftigte dennoch vor der Sitzung, es gebe „sieben ausgewiesene Schill-Anhänger in der Fraktion“. Er selbst aber stehe gleichzeitig „zu Ronald Schill und zur Koalition“.

Damit scheint zumindest vorläufig die parlamentarische Mehrheit für das Rechts-Bündnis zu halten. Sollte Schill zusammen mit Barth-Völkel und Zwengel austreten und eine eigene Bürgerschafts-Gruppe bilden, verbliebe der Koalition mit 61 der 121 Stimmen noch gerade so die absolute Mehrheit im Landesparlament. SPD und Grüne verfügen zusammen über 57 Mandate. Die erste Nagelprobe steht bereits nächste Woche an.

Bei den am Montag beginnenden dreitägigen Beratungen über den Haushalt für das kommende Jahr braucht der Senat die absolute Mehrheit. Sollten aber nur 60 oder weniger Abgeordnete für den Etat stimmen, wäre dieser gescheitert – und damit auch die Koalition. „Eine stabile und verlässliche parlamentarische Mehrheit, die so genannte Bürgermeister-Mehrheit“ hatte von Beust bereits gestern Nachmittag zur Voraussetzung für den Fortbestand des Rechts-Bündnisses erklärt.

Heute Nachmittag um 17 Uhr steht bereits die nächste Debatte an. Vor dem Landesvorstand unter Leitung der nunmehr amtierenden Parteivizes Frühauf und Barth-Völkel wird Mettbach seine Berliner Linie verteidigen müssen.