: Steuergeschenke rücken näher
Schröder und Stoiber sind bei der Finanzierung der Steuerreform zu Kompromissen bereit. Union: Berichte über Scheitern der Verhandlungen sind „völliger Quatsch“
BERLIN afp ■ Wenige Tage vor der entscheidenden Sitzung im Vermittlungsausschuss zeigen sich Regierung und Opposition kompromissbereit. Sowohl Kanzler Gerhard Schröder (SPD) als auch der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) signalisierten Entgegenkommen im Streit um die Gegenfinanzierung einer vorgezogenen Steuerreform. „Wir können uns natürlich darüber unterhalten, die Gewichte zwischen Verschuldung, Privatisierungserlösen und Subventionsabbau zu verschieben“, sagte Schröder dem Spiegel. Eine komplette Gegenfinanzierung der Steuerreform lehnte der Kanzler aber ebenso ab wie eine 75-prozentige Gegenfinanzierung, wie sie mehrere Ministerpräsidenten der Union fordern.
Stoiber sagte, er sehe nach den Äußerungen Schröders durchaus Chancen auf ein Vorziehen der Steuerreform. Zur bisherigen Forderung der Union, nur 25 Prozent der Kosten über Schulden zu finanzieren, sagte der CSU-Chef im ZDF, man müsse „eine kleine Bandbreite haben bei den Verhandlungen, sonst machen ja Verhandlungen keinen Sinn“. Nun komme es darauf an, was die Regierung beim Tarifvertragsrecht und beim Kündigungsschutz anbieten werde. CDU-Chefin Merkel betonte gegenüber dem Spiegel, das Vorziehen der Steuerreform werde „für sich genommen keinen Beschäftigungseffekt entfalten“. Daher habe sie eine „andere Reihenfolge der Prioritäten“ und verwies auf die von der Union geforderte Reform des Arbeitsmarkts.
Die Union wies Berichte zurück, sie wolle die Verhandlungen scheitern lassen. Dies sei „völliger Quatsch“, erklärte der Sprecher der hessischen Landesregierung am Samstag in Wiesbaden. Die Berliner Zeitung hatte berichtet, Hessens Ministerpräsident Roland Koch habe Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) im Beisein anderer Koalitionspolitiker mitgeteilt, dass die Ministerpräsidenten und die Spitze der Union einvernehmlich verabredet hätten, die Verhandlungen platzen zu lassen. Auch CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer erklärte in Berlin, es gebe „keine Änderung unserer Linie“. Die entscheidende Runde im Vermittlungsverfahren beginnt am kommenden Mittwoch und soll bis spätestens Weihnachten abgeschlossen sein.