piwik no script img

Archiv-Artikel

US-Bomben töten neun Kinder

Der US-Angriff in Afghanistan galt einem gesuchten Taliban-Kommandeur. In Kandahar sterben 18 Menschen bei einem Anschlag. Verfassunggebende Ratsversammlung verschoben

KABUL dpa ■ Bei einem Bombenangriff der US-Luftwaffe auf einen gesuchten Taliban-Kommandeur sind in der ostafghanischen Provinz Ghasni neun Kinder getötet worden. Der US-Botschafter in Kabul, Zalmai Khalilzad, sagte gestern: „Das ist ein tragischer Verlust von unschuldigem Leben.“ Unter den insgesamt zehn Todesopfern des Angriffs vom Samstag sei auch der Taliban-Kommandeur Mullah Wazir.

Khalilzad sagte, die Untersuchung des Vorfalls dauere an. UN-Vertreter in Kabul erklärten, solche Zwischenfälle trügen „zum Gefühl von Unsicherheit und Angst im Land bei“. Jeder sei zum Schutz von Zivilisten verpflichtet.

In der südafghanischen Stadt Kandahar zündeten mutmaßliche Taliban-Kämpfer am Samstag in einer belebten Geschäftsstraße eine Bombe. 18 Zivilisten wurden verletzt, einige von ihnen schwer. Der afghanische Präsident Hamid Karsai bezeichnete den Anschlag als einen Versuch von Terroristen, die verfassunggebende Große Ratsversammlung zu behindern. Der ursprünglich für Mittwoch geplante Beginn der Loja Dschirga wurde unterdessen verschoben.

Die Verfassungskommission teilte gestern mit, die 500 Delegierten aus dem ganzen Land würden nicht rechtzeitig in der Hauptstadt Kabul eintreffen. Sie sollen nach 25 Jahren Krieg und Bürgerkrieg eine neue Verfassung für Afghanistan verabschieden.

Immer wieder werden Unschuldige Opfer von US-Angriffen, was den Amerikanern bei manchen am Hindukusch den Ruf einer „schießwütigen Cowboytruppe“ einbrachte. So wurden vor drei Wochen nach afghanischen Angaben sechs Zivilisten bei einem amerikanischen Bombardement getötet – auch unter diesen Opfern waren Kinder. Bei einem Angriff von US-Kampfflugzeugen im September starben laut afghanischen Angaben acht Nomadenfrauen. Zum schwersten Vorfall kam es im Juli vorigen Jahres, als US-Bomben eine Hochzeitsgesellschaft trafen: 48 Menschen wurden getötet und 117 verletzt.

Eine Woche nach der Freilassung einer türkischen Geisel entführten Taliban-Kämpfer in der südostafghanischen Provinz Zabul am Samstag zwei indische Ingenieure. Ein Taliban-Sprecher bestätigte die Entführung gestern in einem Gespräch mit der in Pakistan ansässigen afghanischen Nachrichtenagentur AIP. Zu eventuellen Forderungen machte er keine Angaben. Zwei türkische Ingenieure gelten seit gestern als verschollen. Laut Polizei ist unklar, ob auch sie von Taliban entführt worden sind.

Seit August haben Angriffe radikal-islamischer Rebellen wie der Taliban besonders im Süden und Osten Afghanistans zugenommen. Dabei starben fast 400 Menschen.