Katzenjammer nach dem Mugabe-Streit

Simbabwe verlässt das Commonwealth freiwillig, nachdem der Staatengipfel in Nigeria seine Suspendierung bestätigt hat. Zum Gipfelabschluss dämmert den versammelten Politikern, dass sie eigentlich über ganz andere Themen reden wollten

aus Abuja HAKEEM JIMO

„Wir sorgen dafür, dass alle pünktlich kommen“, lautet der Werbeslogan von BMW in Nigeria. Für den Commonwealth-Gipfel in der Hauptstadt Abuja hatten die bayrischen Autobauer ein paar hundert Wagen der aktuellen 5er- und 7er-Reihen gespendet, um 40 Staatschefs und über 2.000 Delegierte herumzufahren, mit exotischen Nummernschildern wie Fidschi, Tuvalu oder Barbados.

Zwei Länder kamen nicht nur unpünktlich, sondern gar nicht. Pakistan und Simbabwe sind seit 1999 beziehungsweise 2002 suspendiert. Zum gestrigen Ende des Commonwealth-Staatengipfels (CHOGM) stand fest: Simbabwe wird überhaupt nicht mehr kommen. „Wir treten mit sofortiger Wirkung aus dem Commonwealth aus“, sagte ein Sprecher von Präsident Robert Mugabe am Sonntagabend. Damit reagiert Simbabwe auf die Entscheidung des Commonwealth, die Suspendierung des Landes wegen der Unregelmäßigkeiten bei der Präsidentschaftswahl 2002 beizubehalten.

Schon im Vorfeld des Gipfels war klar geworden, dass die Diskussion über Simbabwe CHOGM 2003 überschatten würde. Südafrika führte die Länder an, die Simbabwe lieber eingebunden sehen wollen als isoliert, um es besser beeinflussen zu können. Die Gegenspieler, die eine harte Linie befürworten, gruppierten sich um Großbritannien und Australien.

Es handele sich nicht um einen Riss zwischen Schwarz und Weiß, wiederholte zwar gebetsmühlenartig der neuseeländische Generalsekretär des Commonwealth, Donald McKinnon. Trotzdem konnten viele CHOGM-Teilnehmer den Eindruck doppelter Standards nicht verdecken. „Es kann nicht sein, dass gewisse Staaten bei Pakistan über eine Wiederzulassung reden wollen, obwohl dort das Militärregime noch immer an der Macht ist, es aber im Fall Simbabwe bei der Suspendierung bleiben soll“, hörte man öfters. Allerdings bleibt auch Pakistans Mitgliedschaft suspendiert.

„Mir gefällt das alles nicht“, sagte der Präsident Mosambiks und amtierender Vorsitzende der Afrikanischen Union, Joaquim Chissano, nach Bekanntwerden des Austritts Simbabwes. Gestern versuchten die Staatschefs, Mugabes Entscheidung tiefer zu hängen. „Es gab schon einige Fälle von Suspendierung und Austritt, und sie kamen wieder zurück“, sagte Ghanas Präsident John Kuffour. Ähnlich äußerten sich die Premierminister von Kanada und Australien. Apartheid-Südafrika war bislang das einzige Land, dass selbst aus dem Commonwealth ausgetreten ist.

Es sei schade, dass das Thema Simbabwe dieses Treffen so dominiert habe, sagte der britische Premierminister Tony Blair. Noch bedauernswerter finden den Simbabwe-Streit die zahlreichen angereisten Organisationen der Zivilgesellschaft. Sie trafen sich in einem „People’s Forum“, organisiert von der Commonwealth-Stiftung. Deren Direktor Colin Ball nennt zwei Schwerpunktthemen: „Wir müssen unser Verhältnis als Nichtregierungsorganisation zu den Regierungen klären. Wie nah, wie weit weg wollen wir sein? Im besten Fall stoßen wir auf ablehnendes Ignorieren, im schlimmsten Fall auf offene Feindschaft. Auch ärgern sich viele Hilfswerke in den ärmeren Mitgliedsstaaten über das neoimperialistische Auftreten der großen Hilfswerke aus dem Norden.“

Aber die Vertreter der Zivilgesellschaft und auch eines Jugendforums bekamen keine Audienz bei den Entscheidern – im Gegensatz zum Wirtschaftsforum. Stephen Oguntoyinbo, Vertreter eines nigerianischen Jugendverbandes auf dem Forum, ärgert sich: „Ich habe ja nichts gegen diese teuren Großveranstaltungen, aber die Regierungen müssen auch was für die normalen Menschen tun. Wir Jugendliche finden kaum noch Arbeit. Da kommen viele auf dumme Gedanken.“

Ein Programm, dass Abhilfe schaffen sollte, ging im Streit um Simbabwe fast vollständig unter. Eine Arbeitsgruppe aus Politikern und Wissenschaftlern hatte sich seit dem letzten CHOGM in Australien 2001 mit der Förderung von Entwicklung und Demokratie beschäftigt. „Wir sehen Demokratie und Entwicklung als die zwei Seiten einer Medaille“, erklärte Commonwealth-Generalsekretär McKinnon, als er den Bericht der Arbeitsgruppe einen Tag vor Gipfelbeginn vorstellte. „Es sind die Zwillingsmotoren für gesellschaftlichen Fortschritt. Wenn einer ausfällt und man nur noch auf dem anderen fährt, wird das auf lange Sicht nicht gut gehen.“ Doch aus Zeitmangel befassten sich die Staatschefs mit diesem Thema überhaupt nicht.

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