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Archiv-Artikel

vom sinn des lesens

Die Bedrohung bleibt, aber noch ist nichts beschlossen: Aus der Verlagsszene stammt das heutige Statement zu den 900.000-Euro-Einsparplänen der Kulturbehörde bei den Hamburger Öffentichen Bkücherhallen. Eine Polemik von Lutz Schulenburg, dem Leiter des Nautilus Verlags.

„Was die geplanten Einsparungen bei den Bücherhallen angeht, möchte ich mal vorwegschicken, dass mir die Haushaltslage des Senats wirklich vollkommen egal ist: Es gäbe schließlich keine ,Haushaltslöcher‘, würden den Reichen keine Steuergeschenke gemacht werden, wie in den letzten Jahren. Und die Drohung Bücherhallen zu schließen, bedeutet für mich einen geradezu persönlichen Angriff: Ich selbst habe als Jugendlicher mit Hilfe der Bücherhalle in Bergedorf den Zugang zu Büchern, Bildung und Phantasie gefunden. Und ich halte es für absolut unumgänglich, dass jeder Mensch in unmittelbarer Nähe eine Bücherhalle hat – in allen Stadtteilen. Die eventuelle Schließung solcher Einrichtungen bedeutet letztlich einen Angriff auf den Durchschnittsbürger, und der sollte alles tun, damit diese Einrichtungen erhalten bleiben und sorgenfrei arbeiten können.

Einsparungen an dieser Stelle bedeuten einfach eine Verlumpung der Gesellschaft, und dass der Senat gerade in bezug auf die Kultur ständig neue Sparvorschläge aus dem Hut zaubert, macht mich zornig. Denn wenn man sich einerseits über PISA und desinteressierte Jugendliche ereifert, muss man andererseits auch dafür sorgen, dass alle – auch die Zugewanderten übrigens – Zugang zu Orten haben, die der Entfaltung der Persönlichkeit und der Entwicklung von neuen Ideen dienen.

Ich bin fest davon überzeugt, dass Bildung etwas ist, auf das jeder Mensch Anspruch hat. Dies ist eine kommunale Aufgabe und eine Errungenschaft aufgeklärter bürgerlicher Gesellschaften, die wir verteidigen sollten. Auch möchte ich gern an die MitarbeiterInnen der Bücherhallen appellieren, neben der Verwaltungsarbeit einbeziehende Angebote zu machen. Denn Bücherhallen sollten Institutionen der kulturellen Vermittlung sein, hier muss es noch mehr Lesungen und Diskussionen geben, Bücherhallen müssen Kommunikationsorte sein! Denn nur so lässt sich das Funktions-Argument entkräften, demzufolge sich die Leute ihre Bücher halt selber kaufen sollen. Denn in Bücherhallen sind ja nicht nur Bücher aufgestapelt, sondern sie dienen auch als Gedächtnis, der Anregung, der Phantasie. Bücherhallen sind Orte, an denen man überraschende Entdeckungen machen kann und die man reicher verlässt, als man sie betreten hat.

All dies möchte ich nicht missen und rufe daher, auf ein Echo hoffend, in die Hamburger Gesellschaft: Wenn wir uns eine so zahlreiche Polizei leisten können, dann will ich auch meine Bücherhalle haben!“

Protokoll: Petra Schellen