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Archiv-Artikel

Posten zu verschachern

SPD-Ortsverein Niehl will Anke Brunn nicht im Landtag sehen. CDU-Kandidat Blömer ist so gut wie kalt gestellt

KÖLN taz ■ In den beiden großen Kölner Parteien wird heftig um die Kandidaturen für den Landtag gerungen. Den skandalgebeutelten Kölner Gliederungen von SPD und CDU sind die neuerlichen Diskussionen mehr als unangenehm. Für Sachpolitik bleibt in weiten Teilen kaum noch Platz.

So wird bei den Sozialdemokraten im Moment mehr darüber nachgedacht, ob die ehemalige NRW-Wissenschaftsministerin Anke Brunn noch einmal für das Landesparlament antreten darf. Der Ortsverein Niehl ist der Meinung, dass das eher schädlich für die SPD wäre, denn auch gegen Brunn ermittelt die Staatsanwaltschaft. Dabei geht es um die angeblich illegale Finanzierung ihres Wahlkreisbüros. Brunn hat alle Vorwürfe stets zurückgewiesen.

Kölns Spitzengenossen vertrauen ihrer Parteifreundin. Die Niehler Basis aber hat Brunn einstimmig zum Verzicht auf ihre Kandidatur aufgefordert. „Es ist nicht absehbar, wann das Verfahren abgeschlossen ist und mit welchem Ergebnis“, sagte der Vize-Vorsitzende des Ortsvereins, Johannes Molz. „Wenngleich die Unschuldsvermutung auch für Anke Brunn gilt, ist ihre Kandidatur politisch unklug und schädlich.“

Bei der CDU sind die Probleme schon weitaus größer. Nachdem der NRW-Landesvorstand die Kandidatur des Kölner Politikers Richard Blömer offiziell zurückgewiesen hat, wird jetzt um das weitere Vorgehen gerungen. Kurzfristig soll eine Neuwahl angesetzt werden, bei der Blömer aber erneut antreten darf. Parteifreunde wollen versuchen, ihn davon noch abzubringen. Als möglicher Nachfolger im Wahlkreis Lindenthal wird der Präsident der Handwerkskammer, Franz-Josef Knieps, gehandelt. Aber auch Andrea Verpoorten, die jüngst gegen Blömer angetreten war, hat noch Interesse an der Kandidatur.

Unterdessen macht das Gerücht die Runde, dass durch einen Verzicht von Richard Blömer das innerparteiliche Flügel-Machtspiel empfindlich gestört werden könnte. Denn der Abgeordnete Rolf Bietmann soll mit dem Stadtbezirk Lindenthal als Wahlkreis für den Bundestag liebäugeln. Die Befürchtung lautet, dass die Landespartei auch Bietmann nicht auf einem Listenplatz absichern würde, weil gegen ihn ebenfalls ermittelt wird.

Lindenthal ist aber der einzige Wahlkreis Kölns, in dem der Union ein Direktmandat zugetraut wird. Bietmann und Blömer, so heißt es in Parteikreisen, könnten hinter den Kulissen abgesprochen haben, dass sie sich den Stadtbezirk für Landtags- und Bundestagswahl unter einander aufteilen. Die beiden Strippenzieher haben sich zwar stets bekriegt, aber immer wieder auch strategisch kooperiert.

Frank Überall