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Archiv-Artikel

… alles bestens, gerne wieder

„Schön, einmal Leute zu treffen“: 15 Millionen ebay-Nutzer gibt es in Deutschland. 450 von ihnen strömten am Samstag in der Hamburger aol-Arena zur „ebay-University“. Ein Tag voller Expertentipps, und ein bisschen kam man sich sogar näher

aus Hamburg Jan Freitag

„Suchen wir mal Expresso.“ Ein Kichern geht durchs Publikum. Depp, denken einige. Der biedere Schnauzbartträger bearbeitet sein Laptop, und auf der Leinwand erscheint eine Seite, die jeder Internetkundige kennt. „Sehet Sie“, schwäbelt der Referent, „135 Treffer“. Jetzt geht ein Raunen durch den vollbesetzten Saal.

Es sind die Tücken und Tricks, Potenziale und Probleme einer kollektiven Leidenschaft, die Samstag früh eine stattliche Zahl Neugieriger in die aol-Arena lockt: Ebay. Drei, zwei, eins… meins. 15 Millionen sind hierzulande beim Online-Versandhaus registriert und jeder Hunderttausendste lauscht nun zwischen HSV-Postern und Sponsorenbüros den Tipps zum richtigen Steigern. „Sie glaubet gar net, was die Leut’ für a Mischt eintippet“, erklärt Volkart Schwarz. Seine Stimme wird ruhig: „So verkaufet Sie nix.“

Verkaufen aber wollen die Auktionatoren im Raum 3. Verkaufen, kaufen, handeln. Aus Spaß, als Flohmarktersatz, zum Broterwerb. Es ist der Einsteigerkurs einer erfolgreichen Veranstaltung: Die ebay-University. Zum 21. Mal läuft sie in Deutschland, zum dritten Mal in Hamburg. Wie immer ist die ganztägige Schulung ausverkauft. Bei Daphne Rauch klingt das polyglotter: „Wir sind fully booked“, jubelt die Organisatorin. Sie muss so reden. Sie sagt ebay-u, die Seminare heißen Module, ihre Besucher User, das Mittagessen free lunch. Rauch ist Sprecherin von ebay und damit einer Community, die rund um den Globus handelt.

„Schreiben Sie ruhig: Es gilt das Vertragsrecht von Papua-Neuguinea.“ Ein Kichern geht durchs Publikum. Starker Typ, denken einige. Wie MG-Salven knallt der Anzugträger mit Designerkrawatte Basiswissen über E-Commerce, Paragrafen und Kniffe in den voll besetzten Saal. Es sind Ratschläge für Fortgeschrittene, und Uwe Schlömer, Rechtsanwalt, Spezialgebiet Onlinehandel, schlägt sie den mitschreibenden Zuhörern routiniert um die Ohren. Zackzack. Hier ein Scherz, dort eine Belehrung. Fragen? Ob fehlende Angaben zum Schadenersatz verpflichten, möchte jemand wissen. „Schreiben Sie’s rein“, rät der Profi und zieht das Jackett aus. Es folgt sein Lieblingssatz: „Dann sind Sie auf der sicheren Seite.“

Auf der wollen auch 150 Gäste in Raum 1 sein oder die gleiche Anzahl eine Etage tiefer. Es sind Profis oder solche, die es werden wollen. Händler wie Markus Kelzenberg aus dem niedersächsischen Gödenstorf. „25.000“, sagt er leise, und einer der gut 30 Helfer mit dem bunten Logo auf der Jacke drückt ihm für eine Quizfrage Präsente in die Hand. Er hat 25.000 Bewertungen, in der Summe eine Art Führungszeugnis. „top ebayer!! alles bestens. gerne wieder“. So ähnlich steht es zumeist im Konto von Herrn Kelzenberg, dem Ex-Gesundheitsdienstleister, der seit zwei Jahren Bücher versteigert.

„Bei ebay gab es mal nur das Auktionsformat.“ Ein Kichern geht durchs Publikum. Komischer Typ, denken einige. Manager-Outfit und dann so ein Job: Wenn Torsten Hornung nicht für ebay über Marketing referiert, verkauft er Briefmarken. Wer von Ihnen hat ein Logo? Gut 20 Zuhörer melden sich. Wer einen ebay-Shop? Die gleiche Fingerzahl. Nicht schlecht, lobt ATP50. Es ist sein Benutzername aus einer Zeit, als er kein Porträt auf der Seite hatte und von Am Treptower Park 50 aus Kleinkram versteigerte. „Schrecklicher Name“, gesteht er. Das Plenum lacht.

„Nein“, sagt Daphne Rauch in der Pause, „meiner ist zu blöd, den sag ich nicht“. Aber die ebay-u sorge ja für realen Kontakt in einer virtuellen Welt. Heiko Mahnke schaut sich bei Brezeln und Kaffee um. „Schon interessant, mal welche zu sehen“, sagt er über potenzielle Kunden seiner Tierprodukte, die er von Sittensen aus versteigert. Seinen ebay-Namen behält auch er für sich. Ob er zu albern ist oder lieblos wie dzielke59? „Ich leg mir einen neuen zu“, sagt Dagmar Zielke aus Hamburg und beobachtet die Szenerie: User an Flatscreens, Gespräche, Tipps. Die Post wirbt Paketkunden, PC-Dienstleister, Surfer. 30 Euro ist dzielke59 der Anfängerkurs wert. Fortgeschrittene zahlen das Doppelte. „Mal reingucken, ich hab noch nie was gekauft.“ Geschweige denn verkauft. Ein Rookie unter Könnern.

In der aol-Arena, direkt neben der Autobahn gelegen, kriegt die Anonymität ein Gesicht. Ein kreativbärtiges wie Martin Tillmann alias tilieins aus Koblenz, der Urlaub versteigert. Zwei normale wie das Hamburger Ehepaar, das sich gerade Tipps holt, um den Mann per ebay aus der Arbeitslosigkeit zu holen. Oder eben Profiseller Kelzenberg, – derbuchbär – der „gar nicht kontaktarm“ ist. Er kichert: „Trotzdem schön, mal Leute zu treffen.“