Demonstrative Zurückhaltung

Träge Studierende: Den meisten der NRW-Studis ist der Weg zu den bundesweiten Demos am kommenden Samstag in Berlin und Frankfurt zu weit. ASten-Vertreter geben den Protest nicht auf

VON NATALIE WIESMANN

Nordrhein-Westfalens Studierende sind demonstrationsmüde. Nach den Protestwellen der vergangenen Jahre ist die Beteiligung an den Großdemos in Berlin, Leipzig und Frankfurt vom kommenden Samstag sehr verhalten: Von der Universität Münster fahren immerhin drei Busse mit jeweils 50 Studis nach Frankfurt, an der Uni Bochum haben sich bisher 30 angemeldet und in Dortmund sind es gerade mal 25, die dem Solidaritätsaufruf des freien Zusammenschlusses der StudentInnenschaften (fzs) folgen.

„Die Fahrt ist den Leuten zu weit“, so vermutet Jan Reinecke, AStA-Vorsitzende von der Ruhr-Uni in Bochum. Der Koordinator des LandesAStenTreffen (LAT), Ernest Hammerschmidt, hat eine andere Erklärung: „Wir sind in einer schwierigen Phase“, sagt er. Die Studienkonten sind Anfang des Jahres eingeführt worden, die Gebührenbescheide gehen nächste Woche heraus.

Das Modell „Studienkonten“ bedeutet, dass alle, die mit ihrer Semesterzahl über das 1,5-fache der Regelstudienzeit kommen – sozusagen „ihr Konto überziehen“ – ab dem Sommersemester 2004 Studiengebühren in Höhe von 650 Euro zahlen müssen. Das gleiche gilt für Zweit- und Seniorenstudium. Die Zahlungen betreffen, so schätzt Hammerschmidt, je nach Uni zwischen 20 und 30 Prozent der Studierenden in NRW. „Wir wollen demnächst Musterklagen erheben“, so Hammerschmidt.

Währenddessen verschlechtert sich das Verhältnis Dozenten zu Studenten zunehmend: Bei steigenden Studierendenzahlen sieht das Hochschulkonzept der Landesregierung die Streichung bzw. Nicht-Wiederbesetzung von 316 Stellen bis 2007 vor. Außerdem sei zwar die Einführung einer Rückmeldegebühr verhindert worden, so Hammerschmidt. Das Land versuche aber, die Studierenden „durch die Hintertür“ zur Kasse zu bitten. Demnächst fielen beispielsweise stark erhöhte Semesterbeiträge an, weil das Land die Mittel für die Studentenwerke kürze. Und es gibt eine neue Gebührenordnung, die für eine Zweitschrift eines Studienausweises, eines Zeugnisses oder bei verspäteter Einschreibung überhöhte Gebühren von 25 Euro verlange.

„Im Grunde genommen gehen die Bestrebungen der Bundesländer alle in die gleiche Richtung“, bestätigt Demo-Organisatorin Nele Hirsch vom fzs. „Alle versuchen, bei den Studierenden abzukassieren und gleichzeitig Ausgaben für Bildung massiv kürzen“. Aber auch die ASten in NRW wollen sich nicht mit dem Status Quo arrangieren. „Wir werden vor allem weiter gegen den Stellenabbau protestieren“, so Hammerschmidt. „Der Kampf ist noch lange nicht vorbei.“