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Archiv-Artikel

Große Klaus-Staeck-Retrospektive in den Harburger Phoenixhallen Der Stoff, aus dem Pamphlete sind

Sozialdemokratisches Urgestein ist in Harburg zum Vorschein gekommen. Das meint ein bisschen die treuen Parteigenossen unter den Besuchern, für die die in den Phoenix-Hallen gezeigten Plakate Meilensteine ihrer politischen Sozialisation waren.

Das meint vor allem aber Klaus Staeck. Denn diesem politischen Gestalter hat die Sammlung Falckenberg jetzt eine umfangreiche Retrospektive ausgerichtet. „Deutsche Arbeiter! Die SPD will euch eure Villen im Tessin wegnehmen“: Wer erinnerte sich nicht gerne an diesen Slogan von 1972. Oder jene, ebenfalls weit bekannte Provokation, bei der die Dürer-Zeichnung seiner alten Mutter mit dem Satz: „Würden Sie dieser Frau ein Zimmer vermieten?“ kombiniert wurde.

Nahe Dresden 1938 geboren, in Bitterfeld aufgewachsen, lebt Klaus Staeck seit 1956 in Heidelberg. Die Retrospektive in Harburg ist seine bisher umfangreichste Schau. Sie ist von den Holzschnitten der Anfänge im Stil der Pop Art bis zu den eigenen Verlagspublikationen reichhaltig bestückt und erstmalig um Collagen der 90er Jahre und stille Fotos seltsamer Orte aus der späten DDR bereichert. Dazu kommt Dokumentarisches wie die Materialien zur umfangreichen Kampagne gegen eine allzu bekannte Boulevardzeitung, das „Lügenblatt Killt“.

Klaus Staeck hat seine linkskonservativen politischen Prinzipien und seine mitunter überraschend präzisen Visualisierungsfähigkeiten. Aber auch wenn es schwer fällt, Katalogautoren wie Werner Hofmann, Oskar Negt, Lothar Romain, Ludwig Seyfahrt oder Christoph Tannert zu widersprechen: Als Künstler ist Klaus Staeck ein nur einseitig spezialisierter Sonderfall. Immer steht bei ihm ausschließlich die schlagkräftige Formulierung einer Botschaft im Vordergrund. Und dies für sich ist auch gelungen. Die wenigen dreidimensionalen Objekte jedoch lassen jedes künstlerische Materialempfinden vermissen. Die Geburtstagstorte zum hundertsten Jubiläum des Automobils in Form einer mit Zündkerzen bestückten Baumscheiben-Torte oder die mit Stacheldraht bestückte Europaflagge samt einigen Koffern sind als Installationen sämtlich bloße Plattitüden.

Für über das politische Engagement hinausgehende Interesse bleibt an diesem Ausstellungsort ein Blick in das benachbarte Schaulager der Sammlung Falckenberg oder ein Besuch bei der vor kurzem nebenan eröffneten Galerie der „art agents“ mit einer Ausstellung des jungen Maler-Poeten Markus Vater.

Hajo Schiff

Di–Fr 14–18, Sa 11–18 Uhr, Phoenix Fabrikhallen, Wilstorfer Straße 71, Tor 2, bis 30. 5. 2005. Besuch im Schaulager: Sa, 15 Uhr bzw. Tel.: 32 50 67 62