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Archiv-Artikel

US-Rache an Kriegsgegnern

Pentagon schließt Firmen aus kriegsunwilligen Ländern beim Wiederaufbau des Irak aus.Erlass stammt von Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz. Scharfe Kritik der Bundesregierung

WASHINGTON/BERLIN taz ■ Die USA rächen sich an den Kriegsgegnern. Nach dem Motto von Präsident George W. Bush, „wer nicht für uns ist, ist gegen uns“, sollen Frankreich, Deutschland, Russland und Kanada keine Generalaufträge für den Wiederaufbau im Irak erhalten. Die New York Times nannte die Entscheidung „die bedeutendste Vergeltungsmaßnahme von Präsident Bush gegen US-Verbündete, die eine Invasion im Irak gegelehnt hatten“.

Die am Dienstag (Ortszeit) bekannt gewordenen Pläne unter Federführung von Pentagon-Vize Paul Wolfowitz sind ein schwerer Rückschlag für Bemühungen, die Verwerfungen mit der US-Regierung über den Sinn des Irakkrieges beizulegen. Das Interesse der Antikriegskoalition, gemeinsam mit den Amerikanern nach Lösungen zur Befriedung des Irak zu suchen, dürfte einen Dämpfer erhalten.

Der Schritt überrascht, da die Bush-Regierung angesichts des eskalierenden Guerillakrieges im Irak in den vergangenen Wochen intensiv um internationale Hilfe buhlte und die dringend benötigten Verbündeten nunmehr vor den Kopf stößt.

Die Bundesregierung reagierte daher mit scharfer Kritik auf die Pläne. Dies sei „nicht akzeptabel“, sagte Regierungssprecher Béla Anda. Eine solches Verfahren entspreche nicht dem Geist der Vereinbarung mit den USA, „in die Zukunft zu schauen und nicht in die Vergangenheit“. Die Bundesregierung sei bislang jedoch nicht offiziell über die US-Absichten informiert worden. Bundesaußenminister Joschka Fischer nahm die Meldung „mit Erstaunen zur Kenntnis“.

Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul warf der Bush-Regierung ein „höchst eigennütziges ökonomisches Interesse“ vor. Die USA betrieben ein Doppelspiel. Sie riefen zwar nach mehr internationaler Unterstützung, wollten andererseits den Wiederaufbau allein gestalten. Dort, wo die Weltbank beteiligt sei, würden aber die internationalen Maßstäbe für Verträge angewendet und nicht die von Wolfowitz.

Frankreich kündigte unterdessen Widerstand gegen die Entscheidung der USA an. Paris wolle prüfen, ob diese mit dem internationalen Wettbewerbsrecht vereinbar sei, sagte ein Außenamtssprecher. Diese rechtliche Prüfung solle gemeinsam mit Frankreichs „betroffenen Partnern“ erfolgen, besonders mit der Europäischen Union und der EU-Kommission.

MICHAEL STRECK

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