: Geheimkommando Haarlotion
„Duplicity“ von Tony Gilroy ist eine elegante Gaunerkomödie mit vielen Drehs
von WILFRIED HIPPEN
„Triplicity“ wäre eigentlich ein passenderer Titel für diese Gauner-Geschichte, in der jeder jeden zu hintergehen scheint und die Betrüger die betrogenen Betrüger betrügen. Wie in einer Matrjoschka-Puppe findet sich immer noch eine weitere Intrige in der Intrige, und Tony Gilroy, der nicht nur Regie führte sondern auch das Drehbuch schrieb, versteht es aufs Kunstvollste, jeden neuen Dreh seiner Geschichte so zu inszenieren, dass man immer mehr von deren perfider Eleganz fasziniert ist.
Julia Roberts und Clive Owen spielen ein mit allen Tricks der internationalen Spionage vertrautes Agentenpaar, das in die Wirtschaft geht, weil es für sie viel lukrativer ist, dort mitzumischen, wo Konzerne sich gegenseitig die neuen Rezepte für Tiefkühlpizza und Haar-Lotionen abluchsen. Beide sind so ausgekocht, dass sie einander nie wirklich trauen können, weil jeder von ihnen genau weiß, dass er selbst alles andere als vertrauenswürdig ist. Dieses gegenseitige Beschleichen gehört zu den Hauptvergnügen des Films, und dabei ist es natürlich auch kein Nachteil, dass Roberts und Owen extrem attraktiv wirken. Eine Schlüsselszene, in der sie ihn mit Damenunterwäsche in der Hand auf die Probe stellt, könnte ein ähnlich oft zitierter Klassiker werden wie Meg Ryans vorgetäuschter Orgasmus in „When Harry meets Sally“.
Mit dem verführerischen Oberflächen-Glitzern von glamourösen Schauplätzen in Rom, Genf und London, tadelloser Garderobe und luxuriösen Accessoires lenkt Gilroy sein Publikum davon ab, wie raffiniert und präzise sein Drehbuch konstruiert ist. So werden etwa die von Paul Giamatti und Tom Wilkinson gespielten Firmenchefs, deren Firmen von dem Paar infiltriert werden, in einer Titelsequenz in extremer Zeitlupe so eingeführt, dass man schon vor ihrem ersten Dialogsatz um ihre infantile Feindschaft weiß.
Tony Gilroy gilt unter den Drehbuchschreibern Hollywoods als der neue Meister des „reversal“, was sich am besten in „Dreh“ übersetzten lässt. Diese Wendungen in den Plots, nach denen Situationen eine ganz neue Bedeutung bekommen, sind im Genrekino, das ja immer das Gleiche serviert und dennoch sein Publikum überraschen will, extrem wichtig. Von „Die üblichen Verdächtigen“ bliebe ohne die Pointe am Ende kaum noch etwas übrig. Gilroy machte sich mit seinen Drehbüchern voller Drehs für die Bourne-Trilogie einen Namen, aber er war unzufrieden mit der Umsetzung. Vor zwei Jahren führte er bei „Michael Clayton“ zum ersten Mal selbst Regie, und nebenbei arbeitet er immer noch als „Drehbuchdoktor“, so etwa bei dem Politthriller „State Of Play“, der Mitte Juni in die deutschen Kinos kommt.
„Duplicity“ erinnert an solche smarten und romantischen Thrillerkomödie aus den 60er und 70er Jahren wie „The Thomas Crown Affair“, in denen Stil wichtiger wurde als Moral und deshalb immer jene gewannen, die am besten aussahen. Tony Gilroy hat auch hier weiter gedacht und so endet sein filmische Coup mit einer letzten Volte, die auch ein genre-geschultes Publikum überraschen dürfte.