„Die Länder müssen sich bewegen“

Vor dem Abschluss der Föderalismusreform fordert Grünen-Fraktionschefin Sager ein Ende der Blockade

taz: Frau Sager, für die Föderalismuskommission beginnt heute der Endspurt. Droht die Kommission ein Schlag ins Wasser zu werden?

Krista Sager: Man soll nicht vorzeitig kapitulieren, aber wir haben Probleme.

Derzeit ist bei rund 60 Prozent der Bundesgesetze die Zustimmung der Länderkammer erforderlich. Die Kommission wollte diese Blockademacht halbieren, damit Deutschland wieder regierbar wird. Ist dieses Ziel noch zu erreichen?

Vermutlich nicht ganz. Realistischer scheint inzwischen, den Anteil der zustimmungspflichtigen Gesetze auf 35 bis 40 Prozent zu senken. Das wäre zwar immer noch eine spürbare Verbesserung. Aber auch hier müssen sich die Länder noch bewegen.

Warum so zaghaft?

Bisher musste der Bundesrat jedem Gesetz zustimmen, das eine Regelung über das Verwaltungsverfahren beinhaltet. Diese Grundgesetzbestimmung wird jetzt verändert. Damit könnte etwa die Hälfte aller Vetorechte des Bundesrats entfallen. Nun wollen die Länder allerdings neue Zustimmungsrechte, unter anderem für Gesetze mit erheblichen Kostenfolgen.

Warum?

Das Anliegen der Länder ist im Prinzip berechtigt. Man muss verhindern, dass der Bund kostenintensive Gesetze macht und die Länder dabei nicht einmal ein Mitspracherecht haben. Aber wir müssen trotzdem weg von der alten Blockadepolitik.

Welche Zuständigkeiten gehen an die Länder?

Die Länder können künftig Laufbahn und Besoldung ihrer Beamten regeln. Sie erhalten weite Teile des Hochschulrechts. Sie können im Versammlungsrecht oder beim Ladenschluss regionale Lösungen finden.

Für jedes Zugeständnis lassen sich die Länder dreifach kompensieren. Muss das sein?

Nein. Wir müssen schon aufpassen, dass das am Ende keine ganz einseitige Veranstaltung zugunsten der Länder wird.

Stimmt es, dass SPD-Chef Franz Müntefering in der Kommission mehr auf die Interessen von Nordrhein-Westfalen achtet als auf die des Bundes?

Nein. Müntefering ist gemeinsam mit Edmund Stoiber Vorsitzender der Kommission. Da muss er Kompromisse ermöglichen und kann nicht einseitig öffentlich polarisieren.

Wird die Kommission am 17. Dezember Grundgesetzänderungen vorschlagen, die auch für den Bund tragbar sind?

Das muss sie, sonst wird es im Bundestag keine Zweidrittelmehrheit gebenINTERVIEW: CHRISTIAN RATH