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Archiv-Artikel

Hock hat null Bock auf Ikea

Gudrun Hock (SPD), Essener Sozialdezernentin und OB-Kandidatin für Düsseldorf, hat ein Faible für teure und schicke Büros. Ihre Sozialbilanz ist allerdings weniger schön, sagen KollegInnen aus Essen

DÜSSELDORF taz ■ Gudrun Hock gibt sich bescheiden: Am Wochenende bezog die Sozialdemokratin ihr Düsseldorfer Wahlkampfbüro in Landtagsnähe, dekorierte den Raum mit Topfpflanzen, Aktenstapeln und ihren Autoträumen in klein: ein Citroen DS und ein Buckel-Volvo, Oldtimer aus den Siebzigern.

An ihrem jetzigen Arbeitsplatz als Sozialdezernentin in Essen war die Sozialdemokratin weniger zurückhaltend: In ihrem Büro im Sozialamt blinkt der moderne Glastisch, die Ledersessel, der riesige Schreibtisch. Die Arbeitsplatte ist aus französischem Granit und kostet knapp 2.000 Euro, die Sitzgarnitur aus schwarzem Nappa-Leder. An der Wand hängen abstrakte Gemälde, so groß wie ein Ehebett. Weit mehr als 20.000 Euro hat die schmucke Ausstattung insgesamt gekostet, errechnete das Essener Rechnungsprüfungsamt vor zwei Jahren. Weil die Möbel aber alle schon bestellt waren und Hock sagte, sie wolle „keine Ikeamöbel zusammenzimmern“, blieb die Untersuchung ohne Folgen.

Dabei möchte Hock im Wahlkampf gegen Düsseldorfs Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) vor allem ihre soziale Ader betonen. „Schicke Brücken und tolle Gebäude interessieren mich nicht“, sagte Hock zur taz. Sie wolle weg von Erwins Prestigeobjekten und seiner „sozialen Kälte“ und lieber mit sozialen Themen punkten. Sie findet es zum Beispiel „unglaublich, dass Erwin Sozialhilfeempfänger zu gemeinnütziger Arbeit zwingen will.“ Das sei eine Sozialpolitik aus dem Neandertal.

Hocks eigene Bilanz ist allerdings nicht viel moderner. In ihrem Programm „gemeinnützige Zusatz-Arbeit“ schuften Sozialhilfeempfänger-Innen in der städtischen Landschaftspflege für Steinzeitlöhne von 1,25 Euro in der Stunde. Lehnen sie diese Arbeit ab, wird die Leistung massiv gekürzt. „Es ist Wahlkampf, aber Hock sollte trotzdem bei der Realität bleiben“, sagt Hans-Peter Leymann-Kurtz, grüner Bürgermeister aus Essen. Unter Hock habe die Bestrafung der Hilfebedürftigen einen nie gekannten Spitzenwert erreicht. Auch das Essener Sprachförderprogramm für MigrantInnen, das Hock für sich in Anspruch nimmt, „hat sie nicht einmal angestoßen“. Und das „überteuerte Büro“ zeigt für Leymann-Kurtz nur, dass Hock im Kern nicht besonders sozial ist. „Sie ist mit ihrem Selfmarketing beschäftigt.“ Trotzdem wünscht ihr Leymann-Kurtz, dass sie neue OB in Düsseldorf wird. „Erwin ist noch schlimmer.“

Auch der Essener CDU-Fraktionsgeschäftsführer Heribert Piel wünscht Hock viel Spaß in Düsseldorf, ist sich aber sicher: „Erwin machts` und sie wird zurückkommen müssen.“ Für den Christdemokraten ist Hock ganz und gar nicht sozial. „Sie ist eher unpolitisch.“ Aber trotzdem, sagt er, habe ihre kleine soziale Ader beim Haushalt der Stadt leider zu heftig geschlagen. „Bei unserem Sparpaket ist sie uns ständig in die Parade gefahren“, sagt Piel. Auch die Zwangsarbeit für SozialhilfeempfängerInnen habe sie viel zu spät akzeptiert. „Solidarität ist keine Einbahnstraße“, sagt Piel. Hock fehle es insgesamt an Format und Breite. Erwin sei vielleicht nicht sympathisch, aber erfolgreich.

Hock wird mit wenig Geld gegen das Macher-Image von Erwin ankämpfen. 150.000 Euro kann sie für ihr soziale Kampagne einsetzen, mehr gibt die leere Wahlkampfkasse der Landes-SPD nicht her. Jetzt hofft die Sozialdemokratin auf Hilfe von ganz oben. Hocks Wahlkampfleiter Norbert Walter Borjans sagt: „Wir setzen voll auf die Hilfe der Bundespartei.“ Die wüßte immerhin, wie wichtig ein Wechsel in Düsseldorf ist.

ANNIKA JOERES