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Archiv-Artikel

Unterschreiben für Kitas, Schulen und Unis

Nach dem ersten Teilerfolg des Volksbegehrens gegen den Bankenskandal wollen nun auch die Studenten mitZettel und Bleistift kämpfen. Ihre Forderungen: Keine Kürzungen im Bildungsbereich und keine Studiengebühren

Volksbegehren erfreuen sich auch unter den Berliner Studenten einer großen Beliebtheit. Damit wollen sie den Druck auf den rot-roten Senat erhöhen. Seit gestern sammelt eine Gruppe von Physikstudenten an der TU bereits Unterschriften, und auch der Asta-Vorsitzende der TU zieht eine solche Initiative in Betracht – als letztes Mittel, wenn der Senat nicht auf die Forderungen eingeht.

Seit gestern sind rund 50 Aktivisten der Initiative „Volksbegehren zur Sicherstellung von Kita-, Schul- und Hochschulstudienplätzen“ unterwegs. Während der gestrigen Großdemonstration versuchten sie 10.000 Unterschriftsbögen an Mann und Frau zu bringen. Ziel des Volksbegehrens ist es, gesetzlich festzuschreiben, dass die Zahl der ausfinanzierten Studienplätze in Zukunft den vorhandenen Bedarf nicht unterschreiten darf. Auch für Schul- und Kitaplätze wird eine Anpassung an den Bedarf festgelegt. Zugleich schreibt der Entwurf die Nichteinführung von Studiengebühren und Studienkonten fest.

Einer der Initiatoren ist der 25-jährige Physikstudent Franz-Josef Schmitt. „Ich hoffe, dass sich das neue Volksbegehren im nächsten Jahr zu einem starken Sammelpunkt der Studentenproteste entwickelt“, so Schmitt.Sollte die erste Hürde von 25.000 Unterschriften genommen werden, muss die inhaltliche Argumentation einer juristischen Prüfung standhalten. Volksbegehren dürfen, laut Berliner Verfassung, keine oder nur geringfügige Auswirkungen auf den Finanzhaushalt haben. Im konkreten Fall müssen die Initiatoren des Volksbegehrens beweisen, dass eine kostenneutrale Rücknahme der für die Berliner Hochschulen beschlossenen Kürzungssumme von 75 Millionen Euro möglich ist.

Franz-Josef Schmitt will diese Hürde gleich mit drei Argumenten meistern: „Erstens liegen die möglichen Auswirkungen auf den Berliner Haushalt unterhalb einer Bagatellgrenze von 0,5 Prozent des Gesamthaushaltes. Zweitens fließen, über die Verteilung der Mehrwertsteuer, mehr als 75 Millionen Euro nach Berlin, wenn der Senat Anreize dafür schafft, dass sich 32.000 Studierende polizeilich in Berlin anmelden.“

„Drittens“, so Schmitt, „belegen inzwischen zahlreiche Studien, dass die Kosten für einen Studienplatz langfristig auf Umwegen in die Kassen zurückfließen.“ Die Initiatoren des neuen Volksbegehrens hatten es im Vorfeld allerdings versäumt, die Presse zu informieren. Bei Rebecka Brückmann vom Koordinationsbüro der Humbold-Universität löste das urplötzliche Auftauchen des Volksbegehrens Erstaunen aus. Wegen der fehlenden Vorinformationen wurde die Verteilung der Unterschriftenblätter während der Demonstration durch die Gefahr einer Verwechslung mit dem Volksbegehren zum Berliner Bankenskandal erschwert.

„Das ist ein bisschen illusorisch“, kommentiert Marius Pöthe, Asta-Vorsitzender der TU, die Aussichten, mit solchen Argumenten ein Volksbegehren durchzubringen. „Aber wenn die 25.000 Unterschriften zusammenkommen, hat das symbolisch eine Riesenbedeutung.“ Doch auch Marius Plöth träumt vom Volksbegehren als letzter Waffe: „Jetzt ist es am wichtigsten, sich mit den Unipräsidenten, dem Senat und Klaus Wowereit auseinanderzusetzen. Falls das scheitert, haben wir ein Volksbegehren für die vorzeitige Beendigung der Wahlperiode des Abgeordnetenhauses in der Schublade“.

BASTIAN BREITER