: Telgte integriert am Besten
Den dritten Integrationswettbewerb „chance.nrw“ gewann die münsterländische Stadt Telgte: Die CDU-geführte Kommune besetzt jede zweite Stelle mit MigrantInnen
RUHR taz ■ Die münsterländische Kleinstadt Telgte hat in den vergangenen Jahren durch die verstärkte Einstellung von jungen MigrantInnen ihre Kommunikation mit der nicht-deutschen Bevölkerung verbessert. Dafür wurde die CDU-geführte Kommune beim Landeswettwerb „chance.nrw“ zur Siegerin in der Kategorie „Verwaltungen und Öffentlicher Dienst“ gekürt. Bei der Preisverleihung am Donnerstag in Bochum lobte Sozialministerin Birgit Fischer (SPD) die Telgter Stadtverwaltung als in „mehrfacher Hinsicht vorbildlich“. Vor allem das Ziel Telgtes, in Zukunft jede zweite Stelle mit Migrantinnen und Migranten zu besetzen, hatte die Jury beeindruckt.
Heribert Schönauer, Pressesprecher und Personalchef des Telgter Rathauses, ist von dem interkulturellen Konzept seiner Stadt überzeugt: „Das erspart uns viele Missverständnisse“. In der Wohngeldstelle hilft eine russisch-sprachige Mitarbeiterin beim Ausfüllen von Formularen, im Übergangswohnheim für Aussiedler arbeitet ein junger Mann, der dort bei seiner Ankunft in Deutschland selbst mal untergebracht war. „Die Mitarbeiter helfen auch aus, wenn es an anderen Stellen zu Kommunikationsproblemen kommt“, so Schönauer. Auch die Einstellung einer Kindergärtnerin türkischer Herkunft habe sich extrem positiv ausgewirkt. „Wir haben jetzt vier Mal so viel Anfragen zugewanderter Familien“, sagt Schönauer. Früher gelang es der Stadt oft nicht, diesen Kreisen die wichtige Funktion des Kindergartens zu vermitteln.
Vor drei Jahren, bei der Ausbildung von mehreren MigrantInnen durch das Landesprojekt „Jugend in Arbeit“ sei der Verwaltung ein Licht aufgegangen. „Plötzlich gab es keine Vermittlungsprobleme mehr“, stellte Schönauer fest, der damals das Sozialamt leitete. Er wehrt sich gegen den Vorwurf, mit der Einstellung von jugendlichen MigrantInnen eine so genannte Parallelgesellschaft zu fördern: „Die Mitarbeiter sprechen in erster Linie deutsch und nur in der gemeinsamen Landessprache, wenn es nötig ist.“ Positiv wirke sich das Projekt zudem auf das Vertrauensverhältnis der EinwanderInnen zu den deutschen Mitarbeitern auf: „Die fühlen sich jetzt besser aufgehoben, weil sie wissen, dass im Notfall jemand übersetzen kann“. Die Besetzung jeder zweiten Ausbildungsstelle durch einer Person mit Migrationshintergrund sei nun das erklärte Ziel der Stadt. Das Preisgeld von 4.000 Euro will die Stadt in Kommunikations- und Rhetorikseminare für die Auszubildenden investieren.
Gekürt wurden beim Wettwerb chance.nrw auch sieben einzelne „Integrationsvorbilder“ aus dem Land. Der erste Platz ging an die 23-jährige Züleyha Ucar aus Köln. Die Ford-Mitarbeiterin mit arabisch-türkischem Background überzeugte die Jury unter anderem mit ihrer beruflichen Vermittlungsrolle. Als Mitglied der betriebsinternen „Turkish Resource Group“ beschäftigt sie sich mit der Frage, warum türkischstämmige MitarbeiterInnen seltener aufsteigen und überwiegend in der Produktion arbeiten und untersucht das Kaufverhalten auf dem türkischen Markt. Einen Preis erhielt außerdem der Dortmunder Frisörladen „Seval‘s Traum“ für sein interkulturelles Konzept: Die Belegschaft stammt aus sieben verschiedenen Ländern.
NATALIE WIESMANN