: Gemeinnutz und Eigennutz
Pünktlich zur Weihnachtszeit flattern die Spendenaufrufe ins Haus, strahlen die bunten Plakate von den Werbetafeln, öffnen sich die Pop-up-Fenster auf den Websites: Patenschaften für Kinder, Hilfe für bedrohte Tiere, Obdachlose und gegen Hunger
VON SIMONE WEIDNER
Allein beim Deutschen Zentralinstitut für Soziale Fragen (DZI) sind etwa 2.100 überregional oder international arbeitende Organisationen im großen Wohlfahrtsarchiv registriert. Sie engagieren sich im sozialen Bereich, humanitär-karitativ, für Umwelt, Tierschutz oder Kultur. Daneben sind rund 250.000 Vereine, Verbände und Stiftungen auf lokaler Ebene mit gemeinnützigen, kirchlichen oder mildtätigen Zielsetzungen aktiv. Ob Schachgruppe, Naturschutz, Pflegeheim oder Bildungsinitiative: Selbstloses Handeln belohnt der Staat mit Steuervergünstigungen, sofern die Gemeinnützigkeit dargelegt ist. Für das Finanzamt reicht ein plausibler Nachweis aus. Die Behörde prüft den Antrag formell, kontrolliert aber keine Werbe- und Informationsbroschüren auf Wahrheit, Eindeutigkeit und Sachlichkeit. In der Regel ist die gemeinnützige Anerkennung unproblematisch, indes kein Siegel für Seriosität. Der Status bedeutet vor allem, dass ein Verein von der Körperschaftsteuer freigestellt ist.
Gleichfalls honoriert der Staat gemeinnützige Spender mit einem Steuerbonus. Bis zu 100 Euro im Jahr erkennt das Finanzamt mit einem einfachen Zahlungsbeleg an, der mit der Steuererklärung eingereicht wird. Insgesamt können Spenden bis zu fünf Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte als Sonderausgaben vom zu versteuernden Einkommen abgesetzt werden. Für mildtätige und besonders förderungswürdig anerkannte Zwecke erhöht sich der Maximalsatz auf zehn Prozent. Es muss aber ein Nachweis der Organisation über den Eingang der Spende vorgelegt werden. Im letzten Jahr wurden rund 2,2 Milliarden Euro auf die Konten humanitär-karitativer Organisationen überwiesen. Infolge staatlicher Mittelkürzungen nimmt der Wettbewerb um Spenden- und Sponsorengelder zu, sind Fundraiser herausgefordert, mit noch professionelleren Marketingstrategien Freude am Geben und Spenden zu vermitteln.
Auf der anderen Seite beklagen potenzielle Spender vor allem die Intransparenz der Branche. Nicht zuletzt schwarze Schafe unter den Spendensammlern haben dazu beigetragen, das kritische Bewusstsein zu schulen und die Spendenbereitschaft von der Nachvollziehbarkeit der Mittelverwendung abhängig zu machen. Da es weder eine behördliche Spendenaufsicht noch ein staatliches Garantiesiegel gibt, sind spendable Menschen dabei auf zuverlässige Informationen angewiesen.
Wenig aufschlussreich sind in der Regel die Broschüren, die unaufgefordert zugeschickt und mit vorgedrucktem Überweisungsträger in den Briefkästen liegen.
Von Spendensammlern in Fußgängerzonen ist viel über Tierquälerei, aber wenig über die Vermögensstruktur des Vereins zu erfahren. Bei vielen Organisationen bleibt leider unklar, wie viel Geld tatsächlich in den gewünschten Zweck fließt und wie hoch der Anteil ist, der für hauptamtliche Mitarbeit, Verwaltung und Merchandising abgezweigt wird, oder ob gar Provisionen für angeworbene Mitglieder gezahlt werden.
Doch neben dem guten Namen, dem Bekanntheitsgrad und einer bestimmten Form der Darstellung, die von der Öffentlichkeit allgemein als vertrauenswürdig eingestuft wird, steht einem Verein oder Verband fast nur das Mittel der Transparenz zur Verfügung, wenn es darum geht, Spenden zu erhalten. So legt auch ein großer Teil der Organisationen in einem jährlichen Geschäftsbericht Rechenschaft über die Verwendung der Gelder ab. Damit bieten sie ihren Mitgliedern, ideellen und finanziellen Förderern die Gelegenheit, die Arbeit anhand der Zahlen zu prüfen. Manche Organisationen verweisen in ihren Weihnachtsmailings sogar mit einem Link direkt auf den Jahresbericht. Fördermitgliedern schicken größere Vereine den Bericht automatisch zu. Wer nicht richtig weiß, ob die Organisation vertrauenswürdig ist, kann sich auch an das DZI wenden. Das Institut für Soziale Fragen ist seit über 100 Jahren der sozialen Frage verpflichtet, beobachtet den Spendenmarkt und vergibt auf Antrag ein Spenden-Siegel. Das DZI prüft neben vielen anderen Kriterien die Vermögensstruktur, die Verwendung der Mittel und die Werbung in Wort und Schrift. Rund 180 Spendenorganisationen tragen inzwischen das DZI-Siegel. Nachteil: Das Siegel kostet Geld, und nicht alle Organisationen können oder wollen sich dort registrieren lassen.
Deutsches Zentralinstitut für Soziale Fragen, Bernadottestraße 94, 14195 Berlin, www.dzi.de