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Archiv-Artikel

Exotisch

So richtig will frau nicht an die paradiesische Mär vom real existierenden Matriarchat glauben, beschränkt sich dessen emanzipatorischer Gehalt doch oft darauf, dass Frauen im Haus das Sagen, dafür aber auch die ganze Last und Arbeit haben. So ähnlich ist es auch bei den Mosuo im Süden Chinas. Der argentinische Journalist Ricardo Coller hat monatelang mit ihnen gelebt, um das Matriarchat zu ergründen. Sein Buch über die „faszinierende Reise ins Matriarchat“ trägt den viel versprechenden Titel „Das Paradies ist weiblich“. Es berichtet von einer Gesellschaft, in der die Frauen das Sagen haben, über das Vermögen der Sippe verfügen, in der Mann und Frau nie als Paar zusammenleben und die Brüder die Kinder der Schwestern mitbetreuen. „Der Mosuo-Mann verbringt viel Zeit mit seinen Freunden, fühlt sich für nichts verantwortlich, wechselt ständig die Geliebte und wohnt das ganze Leben bei seiner Mutter“, schreibt Coller. Diese Beschreibung könnte auch auf einen europäischen, arabischen oder afrikanischen Macho zutreffen. Das paradiesische an diesem Sozialgefüge erschließt sich frau nur schwer. Zwar behauptet Coller, dass das Zusammenleben konfliktfreier sei, da Eifersucht, sozialer Druck und Enttäuschung unbekannt seien. Aber so richtig belegt ist das nicht. Bleibt als letzte paradiesische Bastion möglicherweise die freie Sexualität. Tatsache oder Männerfantasien? Und ob die Sexualbeziehungen wirklich so paradiesisch sind, sei dahingestellt. Auf jeden Fall ist das Buch ein netter, auf keinen Fall gründlicher Abstecher in ein anderes Sozialgefüge. EDITH KRESTA

■ Ricardo Coller: Das Paradies ist weiblich – eine faszinierende Reise ins Matriarchat, Berlin 2009, 165 Seiten, 17, 95 Euro