: Pokern um Sanierung oder Abriss
Das Kölner Amt für Denkmalpflege verhandelt mit der GAG über 60 Wohnungen in der Höhenberger Germania-Siedlung. Eine Sanierung der Wohnblöcke aus den 1920er Jahren ist laut GAG zu teuer
Von Annette von Czarnowski
„Warum lässt man es nicht so, wie es war?“ Karin Olbertz ist die letzte verbliebene Mieterin im nördlichen Abschnitt der Weimarer Straße in Köln-Höhenberg. Jahrelang hat sie mit ihrem Mann und zwei Kindern auf 46 Quadratmetern gelebt. Ihr Mann tobte sich in der Wohnung als Handwerker aus und tat, was der Vermieter GAG viel zu lange unterließ: etwa eine Heizung einbauen.
Dafür lebte die vierköpfige Familie mit der für Kölner Verhältnisse traumhaften Miete von 247 Euro monatlich. Sobald Karin Olbertz in die von der GAG bereitgestellte Ersatzwohnung in der gleichen Siedlung gezogen ist, harrt das Haus in der Weimarer Straße seinem Schicksal.
Die Höhenberger Germania-Siedlung wurde in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts errichtet. Der Bericht des Kölner Denkmalamtes lobt, dass die Siedlung „wesentliche Aspekte der Geschichte des Wohnungs- bzw. Siedlungsbaus in den 1920er Jahren in seltener Konzentration in einem Siedlungsgebiet“ dokumentiert. 780 Wohneinheiten in denkmalgeschützten Häusern befinden sich dort, außerdem 617 in nicht denkmalgeschützten Häusern. Letztere werden saniert, teilweise auch an die Mieter verkauft.
Die denkmalgeschützten Wohnungen sollen saniert und in Eigentumswohnungen oder Einfamilienhäuser umgewandelt werden, sobald alle Mieter mit Ersatzwohnungen versorgt sind. Insgesamt 60 Wohnungen am Gothaer Platz, in der Weimarer Straße und am Koburger Platz in Höhenberg sind nach Ansicht von GAG-Vorstand Günter Ott jedoch so marode, dass eine Sanierung unwirtschaftlich wäre.
Ein Missverständnis bei den ersten Verhandlungen zwischen GAG und Denkmalamt 2002 sorgte dafür, dass die GAG für die Sanierung zunächst eine Entkernung der umstrittenen Häuser plante. Dabei wären Doppelhaushälften entstanden und die alten Geschosstreppen entfernt worden.
Weil das Denkmalamt jedoch genau den Erhalt dieser Geschosstreppen forderte, plante die GAG noch mal neu – dieses Mal für drei Wohneinheiten pro Haus mit Geschosstreppe. Eine Untersuchung der leeren Wohnungen ergab, dass die Bauten die Belastung durch moderne Wärme- und Schalldämmung nicht tragen könnten.
Eine Sanierung unter diesen Bedingungen würde nach Auskunft von GAG-Prokurist Heinz Müller jährlich 180.000 Euro Mehrkosten verursachen. Also reichte die GAG beim Denkmalamt den Antrag auf Abrissgenehmigung und Neubau ein. Der wurde allerdings umgehend abgelehnt. Im September des Jahres 2004 legte die GAG dagegen bei der Bezirksregierung Widerspruch ein.
Zurzeit sitzen beide Parteien wieder am Verhandlungstisch, pokern um Details und knausern mit Auskünften und öffentlichen Stellungnahmen. GAG-Pressesprecher Dirk Kästel hofft auf eine Einigung spätestens im Januar oder Februar nächsten Jahres.
Egal ob Sanierung oder Abriss und Neubau – die Umwandlung der strittigen Häuser in Eigenheime steht fest. Bleiben wird in Höhenberg die Geräuschkulisse von Frankfurter Straße und Autobahnzubringer, die in Karin Olbertz Wohnung deutlich zu hören ist. Ob sich dafür Käufer begeistern, wird sich zeigen.