Elite-Uni auf Abwegen

FORSCHUNGSSCHWINDEL Die Universität Göttingen bestätigt die Vorwürfe, dass Forscher mit Falschangaben Drittmittel für ein Projekt in Indonesien einwerben wollten. Eine Kommission untersucht 16 Fälle

Wochenlang hatte die Universität Göttingen den Vorfall unter der Decke gehalten. Erst nachdem der Spiegel und das Göttinger Tageblatt am Wochenende berichteten, dass Forscher der Elite-Hochschule in 16 Fällen mit gefälschten Listen Drittmittel für ein Projekt in Indonesien beantragt haben, verbreitete die Uni gestern Mittag im Internet eine Stellungnahme ihres Präsidenten Kurt von Figura und bestätigte den Verdacht.

Die Wissenschaftler hatten sich offenbar mit gefälschten Listen über ihre Veröffentlichungen bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eine Nachfolgefinanzierung für das Forschungsprojekt „Stabilität von Randzonen tropischer Regenwälder in Indonesien“ erschleichen wollen. Eine Überprüfung des Antrags durch externe Gutachter ergab jedoch, dass für angeblich bereits bei Fachjournalen eingereichte Veröffentlichungen noch gar keine Manuskripte vorlagen.

Nachdem die Gutachter zu Jahresbeginn ihren Verdacht mitteilten, habe die Universität eine „Vorprüfung“ in Gang gesetzt, erklärte Figura. Inzwischen befasse sich eine offizielle Untersuchungskommission der Universität mit den 16 Einzelfällen. Gestern schaltete sich überdies die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts auf Untreue ein.

In ihrer gestrigen Erklärung bedauert die Universität, „dass durch einzelne ihrer Mitglieder die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis durch Falschangaben zur Einreichung von Publikationen verletzt wurden“. Um Wiederholungsfälle zu vermeiden, sei zukünftig in Anträgen nur noch die Angabe von veröffentlichten oder zur Veröffentlichung angenommenen Publikationen zulässig. Den Antrag bei der DFG will die Uni zurückzuziehen. Nach den Worten des Präsidenten bangt die Universität nun um ihren Ruf. Dass der auch gelitten haben könnte, weil der Skandal so lange unter den Teppich gekehrt wurde, erwähnte Figura nicht. REIMAR PAUL