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Archiv-Artikel

Der neueste Schillbürgerstreich

Ronald-Schill-Fraktion bereichert sich in der Bürgerschaft. Fünf Abweichler wechseln zu ihrem Idol über. Rechts-Koalition damit definitiv ohne Mehrheit auf der Sondersitzung am 30. Dezember. SPD und GAL kritisieren politischen Irrsinn der Unbelehrbaren

von SVEN-MICHAEL VEIT

Die Hamburger Rechts-Koalition ist endgültig geplatzt. Fünf Abgeordnete der Partei Rechtsstaatlicher Offensive erklärten gestern Mittag gegenüber Bürgerschaftspräsidentin Dorothee Stapelfeldt (SPD) formal ihren Austritt aus der Fraktion. Zusammen mit dem vorige Woche ausgeschlossenen Ronald Schill gründeten sie die Ronald-Schill-Fraktion. Zu deren Vorsitzender wurde Schills Ex-Partnerin Katrin Freund gewählt, ihr Stellvertreter ist Bodo Adolphi. Die weiteren Mitglieder sind dessen Bruder Friedrich, Richard Braak, Horst Zwengel und Schill selbst. Der wollte sich gestern nicht äußern. Er werde „in den nächsten Tagen“ eine Pressekonferenz geben.

„Endlich klare Verhältnisse“, jubelte Norbert Frühauf bemüht. Seine Restfraktion, so deren Vorsitzender, „gehe gestärkt aus dieser Abspaltung hervor“. CDU-Fraktionschef Michael Freytag sprach hingegen von „Selbstzerfleischung“. Zudem sei der Vorgang „politisch sinnlos“ und eine „Verschwendung von Steuergeldern“ (siehe Kasten). Eine Zusammenarbeit mit der neuen Schill-Fraktion sei „ausgeschlossen“.

Mit nurmehr 58 Mandaten hat die noch existierende Rumpf-Koalition aus CDU, FDP und Ex-Schill keine eigene Mehrheit in der Bürgerschaft. Die Opposition aus SPD und GAL verfügt über 57 Abgeordnete, hinzu kommt der neue Schill-Sixpack. Wo die neue Fraktion bei der Sondersitzung der Bürgerschaft am 30. Dezember Platz nehmen wird im Plenarsaal, ist noch ungeklärt. Formal hätte sie – wie die gleich starke FDP – Anspruch auf einen Platz in der ersten Reihe. Sollte sie darauf bestehen, würde Fraktionschefin Freund pikanterweise wahrscheinlich neben Frühauf platziert werden müssen.

Parallel hält der Machtkampf in der Ex-Schill-Partei nach dem Rauswurf des Gründers an. Schill bekräftigte seine Absicht, auf einem Bundesparteitag am 28. Dezember oder 3. Januar Parteichef und Bausenator Mario Mettbach zu stürzen. Danach werde er „wieder als Bundesvorsitzender zur Verfügung stehen“. Dies würde wiederum die Abspaltung des Flügels um Mettbach, Frühauf und Innensenator Dirk Nockemann zur Folge haben.

Angesichts dieses Wirrwarrs höhnte GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch gestern über „den fortschreitenden Zerfall“ der Rechtsaußentruppe(n): „Das ist erfreulich.“ Von einem Beweis für „die politische Kurzsichtigkeit des Ole von Beust“ sprach SPD-Parteichef Olaf Scholz. Der Bürgermeister hätte „nie den Pakt mit Schill eingehen dürfen“. Und der SPD-Fraktionsvorsitzende Walter Zuckerer spottete über nunmehr „zwei überflüssige Schill-Fraktionen: die der Sesselkleber und die der Unbelehrbaren“. Mit Schills „letztem Aufgebot“, so Zuckerer, „erreicht der politische Irrsinn in Hamburg einen neuen Höhepunkt“.