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Archiv-Artikel

Ein Maut-Zähler für alle Fälle

EU-Parlament will europaweit einheitliches elektronisches Mautsystem. Weil das deutsche Toll-Collect-System nicht läuft, bleibt bis auf weiteres auch die Mikrowelle

BRÜSSEL taz ■ Die Weichen für ein europaweit einheitliches elektronisches Mautsystem sind gestellt. Das Europäische Parlament hat gestern einen entsprechenden Richtlinienvorschlag verabschiedet. Damit ist sichergestellt, dass ein Lkw auf dem mautpflichtigen Straßennetz der Europäischen Union nur ein einziges Empfangsgerät zur Erfassung der Straßennutzungsgebühren benötigt. Nach der Erweiterung der EU um zehn neue Mitgliedstaaten ab Mai 2004 besteht die Gefahr, dass 25 nationale Systeme miteinander konkurrieren. Der Richtlinienentwurf muss nun noch vom Ministerrat abgesegnet werden. Es ist aber zu erwarten, dass die europäischen Verkehrsminister der Parlamentsvorlage folgen.

Ursprünglich wollte die EU-Kommission das immer noch nicht funktionstüchtige satelliten- und mobilfunkgestützte Toll-Collect-System von DaimlerChrysler und Telekom zum europaweiten Standard erheben. Dem widersprach aber das Parlament. Die deutsche Europaabgeordnete Renate Sommer (EVP) nutzte die Gelegenheit für heftige Kritik an Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD): „Eine Technik, die de facto nicht existiert, kann nicht als das Nonplusultra gesetzlich vorgeschrieben werden.“ Daher habe man den Kommissionsvorschlag bedauerlicherweise zurückweisen müssen: „Schließlich ist für das Maut-Desaster in der Bundesrepublik nicht die Technik verantwortlich.“

Das Parlament habe sich stattdessen für eine „technikneutrale“ Formulierung entschieden. Damit sei sichergestellt, dass neben Satellitensystemen wie Toll-Collect auch ältere Systeme wie die aus den 70er-Jahren stammende Mikrowellentechnik weiterhin funktionieren.

Österreich führt am 1. Januar 2004 die Mikrowellenerfassung ein, auch Portugal arbeitet damit. In Deutschland versucht man dagegen seit Monaten vergebens, das satellitengestützte Toll Collect zu installieren. „Die Vorstellung, dass in einem Lkw fünf oder sechs unterschiedliche Geräte eingebaut werden müssen, damit dieses Fahrzeug mit den national unterschiedlichen Mautsystemen kommunizieren kann, ist absurd“, so Sommer. Welches System sich letztlich durchsetzt, werde dem Markt überlassen. Entscheidend sei, dass ein Lkw auf dem mautpflichtigen Straßennetz der Europäischen Union „von Süditalien bis nach Irland“ mit nur einem Empfangsgerät fahren kann. KARL DOELEKE