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Archiv-Artikel

Ruhrgebiet nicht sportlich

Den Sportvereinen im Ruhrgebiet laufen die Sponsoren weg, Zuschauer bleiben aus. Die Folgen gehen vom Rückzug aus der höchsten Spielklasse über die Fusion bis hin zur Insolvenz

VON HOLGER PAULER

Der Ruhrgebietsport steckt in der Krise. Traditionsvereine stehen vor dem Ruin. ETUF Essen hat im November sein Team aus der Tennis-Bundesliga zurückgezogen. Basketballbundesligist Brandt Hagen musste Anfang der Woche Insolvenz beantragen, Handballbundesligist TuSEM Essen droht dasselbe Schicksal. Um zu überleben, plant Fußball-Regionalligist Wattenscheid 09 eine Kooperation mit Schalke 04. Vier Beispiele für den Niedergang des Ruhrgebietsports.

Marie-Luise Klein, Leiterin des Fachbereichs Sportmanagement an der Ruhruniversität Bochum, macht die wirtschaftliche Krise für die Probleme verantwortlich: „Die Werbewirtschaft reagiert sehr zurückhaltend, Sponsoren ziehen sich aus immer mehr aus dem Sportbereich zurück.“ Im Ruhrgebiet sei die Lage besonders schlecht. “Wenn überhaupt, investieren Sponsoren momentan in den Profifußball“, sagt Klein. Die Medienpräsenz sei dafür ausschlaggebend.

Prominentestes Opfer der Flaute ist TuSEM Essen. Durch den Rückzug des Hauptsponsors Post AG steht der Handball-Bundesligist vor einer ungewissen Zukunft. Im Etat für die laufende Saison klafft eine Lücke von 850.000 Euro. Sollte der Betrag bis Januar nicht zusammenkommen droht die Insolvenz.

Einen Schritt weiter ist das Gründungsmitglied der Basketball-Bundesliga Brandt Hagen. Nachdem der Etat für die laufende Saison nicht gedeckt war, musste er am vergangenen Montag Insolvenz anmelden. „Wir haben keinen Cent mehr“, sagt Präsident Ludwig Heimann. Nach 37 Jahren Bundesliga droht das Aus. Hauptsponsor Brandt Hagen verlegte seinen Firmensitz nach Thüringen. Vor der Saison wurde den Hagenern die Halle gesperrt. Die Heimspiele mussten in Dortmund ausgetragen werden. Hohe Miete und fehlende Zuschauereinnahmen gaben endgültig den Ausschlag.

„In unserer wirtschaftlichen Situation sind wir nicht mehr allein in der Lage, Spitzenfußball zu bieten“, sagt der Präsident der SG Wattenscheid 09, Rüdiger Knaup. Nach dem Rückzug des Aufsichtsratsvorsitzenden und Mäzens Klaus Steilmann fehlen dem ehemaligen Bundesligisten jährlich rund 1,1 Millionen Euro. Auslöser für den Rückzug war die finanzielle Schieflage im Textilkonzern Steilmann. „Ein Grundproblem bei kleineren Vereinen ist, dass sie oft sehr lange, sehr stark von einzelnen Sponsoren abhängig sind“, sagt Marie-Luise Klein. Der Rückzug treffe die kleinen Vereine besonders hart.Der Regionalligist setzt seine Hoffnung nun in eine Kooperation mit dem benachbarten Bundesligisten Schalke 04.

Gerhard Schewe, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Münster, glaubt an eine natürliche Auslese: „Wo es, wie im Ruhrgebiet, viele Vereine gibt, gibt es auch viele Pleiten.“ Dass vor allem auch Traditionsvereine darunter sind, läge daran, dass sie krampfhaft versuchen, an alte Zeiten anzuknüpfen und sich finanziell verschulden. „Aus diesem Teufelskreislauf kommen sie nicht mehr raus.“ In Zeiten wirtschaftlicher Krisen drohe das Aus.