„Gude Naaaaacht!“

Den verzweifelten Verjüngungsversuchen des ZDF sind nun auch die netten Mainzelmännchen zum Opfer gefallen – aus Zwergen wurden Monster

von JENNI ZYLKA

Richtig lustig waren sie ja noch nie. Auch nicht niedlich. An dickliche, dezent trottelige, aber gutmütige Trolle erinnerten die sechs Mainzelmännchen mit ihren Glubschaugen, Zipfelmützen und der Reibeisen-Kinderstimme, die der Erfinder Wolf Gerlach übrigens damals sogar selbst gesprochen hat: Vor 40 Jahren fing es mit „Gudn Aaaaabnd!“ an. Und jetzt ist es vorbei.

Denn was seit Anfang des Monats im ZDF als „Werberahmenprogramm“ fungiert (so die damalige Definition, heutzutage heißt man das Vorabendserie), hat eher etwas von Manga-Horrorgestalten als von den freundlichen WG-Zwergen. Ein neues Gesicht haben die Männchen verpasst bekommen, und dieses Gesicht ist eine ziemlich gruselige Fratze geworden. Die Spots, zeichnerisch abgespeckt, kleidungstechnisch modernisiert, wimmeln von unerfreulichen Begebenheiten: Da schrubbt eine Zahnbürste so stark über die Mainzel-Beißer in einem satanisch grinsenden Mund, dass sie in alle Richtungen herausspritzen. Da zerrt ein Männchen ein anderes dermaßen brutal über den Boden, dass es quasi rumpfunterhalb wegradiert wird – ein Fest für Kastrationsangstforscher. Da verlangt ein Domina-Männchen kurz vor dem ersten Werbespot mit sadistischem Unterton: „Bleib! Dran!“ Ein anscheinend des Selberkochens ohnmächtiges Männchen bestellt sich chinesisches Essen per Telefon. Und in jedem zweiten Spot bimmelt ein Handy – der Terror der totalen Kommunikation als Symbol für die Moderne.

Das ZDF behauptet, die verjüngten Mainzelzwerge seien „eckiger und haben stärkere Konturen“, was sie „frischer und fröhlicher“ und ihren Humor „zeitgerechter und frecher“ mache. Der Chef des ZDF-Corporate-Design, Alexander Hefter, behauptete sogar gegenüber der FAZ, sie trügen jetzt einen „trendgemäßen, wuscheligen Haarschnitt“ und „schicke Polohemden, Pullunder und Jeans“.

Von irgendeiner Form juvenilem Trendsettings oder einem stilistischen Gewinn ist aber nach wie vor nichts zu sehen: Es bleiben sechs dickliche, kleine, allein stehende Männchen mit säuerlichem Humor und leutseligen Pausenwitzen. Und die beiden neuen Mädchen machen den Kohl auch nicht fett, obwohl das ZDF immerhin auf den Versuch verzichtet hat, sie als Girlies zu präsentieren.

Der Versuch, die alte Tante ZDF mit der Animé-Comicart pünktlich zum 40. Männchen-Geburtstag aufzufrischen, wirkt dennoch manchmal fast niedlich, wenn man überlegt, welcher Tradition die Männchen entstammen. Denn wenn die Originale an die fleißigen Heinzelmännchen erinnerten, den Hausfrauentraum, so stellen die Mangamännchen eher den Albtraum dar: freche, vorlaute, nervige Kobolde mit Heidi-Augen, in denen sich die immer gleichen Wasserflecken spiegeln.

Die Mainzer Lückenbüßer stehen jetzt nicht mehr für harmloses Hausfrauengeblödel, sondern für den Kommunikations-GAU mit all seinen Ecken und Tücken. Aber ob das im Sinne des Erfinders lag …