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Archiv-Artikel

Moralische Vernichtungskampagne

betr.: Bilder zur Saddam-Hussein-Verhaftung, taz vom 15. 12. 03

Der unkommentierte Abdruck von Bildern aus den Videos nach der Verhaftung Saddam Husseins ist für uns nicht hinnehmbar:

Die amerikanische Armee/Regierung hat nicht nur zugelassen, dass diese geradezu pornografischen Videos in aller Welt verbreitet werden konnten, sie hat es nach unserer und, wie wir doch annehmen, auch eurer Einschätzung ganz bewusst so gewollt, um nicht allein Saddam Hussein (um den geht es längst gar nicht mehr), sondern die gesamte arabische Welt zu demütigen. In eurem Kommentar auf Seite 1 sagt ihr es ja selbst explizit: „Für viele Araber kratzen die Bilder auch an ihrer eigenen Würde.“ Und an eurem Verständnis von Menschenwürde, die auch einem Schwerverbrecher wie Saddam Hussein zusteht, nicht, weil ihr ja keine Araber seid?

Die Veröffentlichung dieser schamlosen Videos stellt eine faktische (und bewusste) Missachtung von Menschenwürde dar, also eine Art moralische Hinrichtung. In den USA wird, wie wir alle wissen, die Todesstrafe für Schwerverbrecher mehrheitlich als gerecht angesehen, insofern handelt die US-Regierung in ihrer Vorstellung von Recht und Moral nur konsequent.

In Europa dagegen ist die Todesstrafe praktisch abgeschafft. Wer dies – als eine Frage elementarer Menschenrechte – für richtig hält, darf, nein kann sich an einer solchen moralischen Vernichtungskampagne (und sei es auch nur durch Abdruck einzelner Bilder) nicht beteiligen, und sei er damit noch so allein auf weiter Flur. […]

CORNELIUS und BARBARA NOACK, Bremen