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Archiv-Artikel

Scharons Weihnachtspaket an Radikale

Nach der Drohung des israelischen Premiers, eine „einseitige Trennung“ von Palästinensern und Israelis vorzunehmen und Siedlungen zu räumen, freuen sich Islamisten, während die Autonomiebehörde und israelische Kommentatoren sich wundern

AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL

Mit Enttäuschung reagierte der palästinensische Premierminister Ahmed Kurei auf die Androhung einer einseitigen Trennung durch Israels Premierminister Ariel Scharon, sollte der israelisch-palästinensische Friedensprozess in den kommenden Monaten keine Fortschritte machen. Anstelle der Drohungen hätte sich Kurei, alias Abu Ala, „mehr Bereitschaft zu Verhandlungen“ gewünscht. „Wir können früher damit beginnen, als erwartet“, meinte er im Anschluss an Scharons Rede in Herzlia am Donnerstagabend.

Einzig in den Reihen des Islamischen Dschihads wurde die Rede als „Signal“ aufgenommen, dass „die Intifada-Methode des Terrors effektiv ist“, so Scheich Nafes Azzam. Azzam bezog sich damit auf den Plan, Siedlungen zu räumen.

Scharon hatte im Rahmen der Jahreskonferenz des Interdisziplinären Zentrums für Politik und Strategie angekündigt, „die Zahl der Israelis im Herzen der palästinensischen Bevölkerung auf ein Minimum zu reduzieren“. Zwar bevorzuge er ein bilaterales Abkommen und glaube nach wie vor, dass die internationale Friedensinitiative „Road Map“ der „beste Weg dorthin“ sei, dennoch werde er „nicht ewig auf die Palästinenser warten“. Sollte die palästinensische Führung in den kommenden Monaten nicht ihre „Verpflichtungen“ erfüllen, werde Israel eine „einseitige Abtrennung“ einleiten, um die „Berührungspunkte zwischen Israelis und Palästinensern auf ein Minimum zu reduzieren“ und dadurch „ein Maximum an Sicherheit für die israelischen Bürger“ zu erreichen.

Die Rede war seit Wochen mit Spannung erwartet worden. Mehrere israelische Rundfunksender übertrugen live, in den Fernsehstudios versammelten sich die politischen Spitzenkommentatoren. So fragte der Kommentator Ehud Jaari, welchen Preis die Palästinenser für ein Angebot, israelische Siedlungen in den besetzten Gebieten zu räumen, zu zahlen bereit gewesen wären. „Nun haben sie die Räumung umsonst.“

Tatsächlich ist schwer nachzuvollziehen, dass Scharon geradezu mit der Auflösung von Siedlungen droht, sollten die Palästinenser ihre Verpflichtungen nicht erfüllen. Offen ließ Scharon, wie viele und welche Siedlungen ihm dabei vorschweben, deutete jedoch an, dass „die Palästinenser sehr viel weniger bekommen werden, als sie durch direkte Verhandlungen erreichen könnten“.

Alle einseitigen Maßnahmen würden, so versprach Scharon, „in voller Absprache mit den USA“ eingeleitet werden. Das Weiße Haus lehnt derzeit „alle israelischen Schritte, eine Regelung zu diktieren“, strikt ab, so ein Sprecher in Washington.

Um den einseitigen Abzug wird in der Regierungspartei Likud heftig gestritten, nachdem der stellvertretende Premierminister Ehud Olmert vor gut zwei Wochen erklärte, dass dem „demokratischen, jüdischen Staat“ schon „aufgrund demografischer Zwänge“ keine Wahl bliebe, als die Kontrolle über die palästinensische Bevölkerung aufzugeben.