Zahl der Woche : 2,3 Mrd. für den Dienst am Nächsten
Endlich wissen wir, wie viel die Bundesbürger aus Mitleid spenden: 2,3 Milliarden Euro werden sie in diesem Jahr für Spenden an soziale Hilfsorganisationen ausgeben. So hat es das Zentralinstitut für soziale Fragen für das laufende Jahr auf Basis seiner Archivdaten hochgerechnet. Das gesamte Spendenaufkommen schätzt man beim Deutschen Fundraising Verband auf etwa 4 Milliarden Euro – Unternehmensspenden ausgenommen. Das Emnid-Institut in Bielefeld bleibt etwas darunter: Zwischen 3 und 4 Milliarden hätten Privatpersonen in diesem Jahr gespendet – vorsichtig gerechnet.
In einer entsprechenden Umfrage untersucht das Marktforschungsinstitut alljählich Profil und Verhalten der Spender. Diese ergab: Auch nach dem Flutkatastrophenjahr 2002 und trotz dünnem Geldbeutel hält die finanzielle Hilfsbereitschaft weiter an. Rund 45 Prozent der Bundesbürger haben in diesem Jahr schon mindestens einmal gespendet – bis 2001 bewegte sich die Spendenbereitschaft immer um die 40 Prozent. Die Hauptmotivation für Spender bleibt der Mensch, und zwar vorrangig in konkreten Notlagen: Die Sofort- und Nothilfe nimmt mit 37 Prozent immer noch den ersten Platz ein.
Weit abgeschlagen im Spendenranking liegt mit 15 Prozent die langfristige Entwicklungshilfe, nur 10 Prozent der Spender greifen noch für Umwelt- und Naturschutzzwecke in die Tasche.
Von der Spendenfreudigkeit profitierten zunehmend kleine, lokale Vereine und Einrichtungen, meint Bettina Behler vom Deutschen Fundraising Verband. „Spender finden sich vermehrt da, wo sie die Probleme direkt vor Augen haben.“ Außerdem würden Spendenorganisationen immer professioneller, was das Werben um Spenden auch in den Medien anginge.
Ein generelles Problem besteht freilich bei der Erfassung des Spendenaufkommens: In Deutschland gibt es keine zentrale Statistik, weil die gemeinnützigen Organisationen zur Veröffentlichung ihrer Spendeneingänge nicht verpflichtet sind. Wie viele gemeinnützige Organisationen es in Deutschland gibt? Keiner, der sie zählt: Die Bundesregierung hat das letzte Mal 1994 nachgerechnet, da waren es um die 250.000.
Eine Gelegenheit, mal über den Teich zu schauen. In den USA ist die Situation viel durchsichtiger – nicht zuletzt sind die Menschen dort auf Spenden sehr viel stärker angewiesen, weil es keine Kirchensteuer gibt. Dementsprechend wird auch mehr gespendet: Die Spendenbeteiligung liegt etwa um die 90 Prozent.
DANIELA ENGLERT