Grünes Basta stoppt Unigebühren nicht

Nach der SPD beginnt nun auch bei den Bündnisgrünen eine wilde und gefährliche Debatte über Studiengebühren: Alte und junge grüne Männer befürworten eine softe Form des Bezahlstudiums, linke und liberale Frauen stellen sich dagegen

VON CHRISTIAN FÜLLER

Eigentlich lieben Sie ihn ja, den roten Danny Cohn-Bendit. Aber als der „Ich-bin-überall-Grüne“ jüngst zu bester TV-Sendezeit als Schul- und Hochschulexperte seine Aufwartung machte, zogen viele gelernte Bildungspolitiker ein schiefes Gesicht. „Ich dachte, ich falle vom Stuhl“, sagt etwa die Vizechefin der Berliner Grünenfraktion, Lisa Paus, „als der das Studiengebührenmodell der Baden-Württemberger zum Modell der ganzen Partei adelte.“

Damit haben die Grünen einen Konflikt, der ins Herz ihrer studentenbewegten Klientel zielt: den Krach um Studiengebühren. Als Regierungspartei haben die Grünen die Gebühren per neues Hochschulrahmengesetz verboten. Aber außer bei standhaft linken Vertretern und der eher verborgen wirkenden AG Bildung sind Unigebühren alles andere als Teufelszeug.

Cohn-Bendit tut es, Fritz Kuhn tut es, Reinhard Loske will es, und der grüne Staatssekretär Matthias Berninger sowieso – die Studenten in irgendeiner Form an der Unifinanzierung beteiligen. Auch der grüne Think-Tank, die Heinrich-Böll-Stiftung und ihre Bildungsgutachter, sind seit geraumer Zeit für neue Modelle der Hochschulfinanzierung – inklusive Soft-Studiengebühren wie nachlaufende Studienbeiträge, die erst nach einem erfolgreichen Abschluss des Studiums fällig sind.

Der offenen Stampede junger wie alter Grünenmänner ins Gebührenlager versucht sich nun allerdings eine Koalition von linken und eher liberalen Grünenfrauen in den Weg zu stellen. Lisa Paus zum Beispiel ist prinzipiell gegen Unigebühren. Sie beharrt auf ablehnenden Grundsatzbeschlüssen. Das bedeutet: Gebührenverbot – und basta.

Dass Bildungsgerechtigkeit im 21. Jahrhundert auch zu einem Umdenken bei der Gebührenfrage führen könnte, will Paus nicht gelten lassen. Wer jetzt Gebühren erhebt, so sagt sie, „trifft die unteren sozialen Schichten besonders hart und erhöht die Abbrecherquoten.“ Zu einem Ausweg aus der Finanzkrise der Unis gehört für Paus dieser Schritt: „Wir sollten endlich die Vermögensteuer wieder einführen.“

Grietje Bettin, bildungspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, hat mit solchen Positionen wenig am Hut – findet aber die grünen Auflösungserscheinungen bei den Gebühren dennoch falsch. „Die Studenten und die Grünen müssen sich der neuen Gerechtigkeitsfrage zwar stellen“, sagt Bettin, „aber in Zeiten knapper Kassen geben simple Gebührenbefürworter falsche Antworten.“ Bettin fürchtet eine wilde und gefährliche Gebührendiskussion – „weil sie ein falsches Signal gibt und die Jungen vom Studium abhält“.