ARENTZ‘ RÜCKTRITT: NEBENVERDIENSTE HELFEN DEM PARLAMENTARISMUS : Faulheit und Berufsbeamte
Es ist einer der erstaunlichsten Rücktritte in der bundesdeutschen Geschichte: Hermann-Josef Arentz gibt alle seine Ämter auf – weil er nichts getan hat. 60.000 Euro jährlich hat er von der RWE kassiert und sich dennoch nie dort blicken lassen. Das ist ungewöhnlich für einen „Angestellten“.
Genauso ungewöhnlich ist es für einen gewinnorientierten Konzern, Geld zu verschenken, ohne Gegenleistungen einzufordern. Es liegt daher nahe zu vermuten, dass RWE „Landschaftspflege“ betrieben hat. Es gibt auch ein härteres Wort dafür: Bestechung, nicht im strafrechtlichen, aber im politischen Sinn. Insofern ist es richtig, dass Arentz nicht mehr für den Landtag in Nordrhein-Westfalen kandidiert und nicht länger den CDU-Arbeitnehmerflügel anführt.
Trotzdem bleibt der Fall bizarr. Denn Arentz wird vor allem vorgeworfen, dass er überhaupt nichts für das Geldgeschenk getan hat. Aber wäre die Politwelt wirklich in Ordnung gewesen, wenn sich Arentz – nur ein Beispiel – drei Stunden wöchentlich in die RWE-Zentrale bequemt hätte? Das hätte immer noch ein stattliches Stundenhonorar von etwa 400 Euro ergeben. Einziger Unterschied: Die Vermutung hätte sich nicht mehr ganz so deutlich aufgedrängt, dass sich RWE um Einfluss bemühte. Insofern muss man Arentz dankbar sein, dass er sich naiv zu seiner Faulheit bekannte.
Die Debatte wirkt so hilflos, weil sich eine schlichte Frage nicht schlicht beantworten lässt: Welche Nebenbeschäftigungen sind eigentlich zulässig? Natürlich könnte man allen Abgeordneten verbieten, weitere Tätigkeiten auszuüben. Das wäre zwar transparent, hätte aber unerfreuliche Folgen: Schon jetzt sitzen in den Parlamenten zu viele Beamte, bei einem Berufsverbot wären sie ganz unter sich. Denn für Unternehmer, Rechtsanwälte oder Angestellte ist es riskant, Abgeordneter zu werden. Sie haben oft nur eine Chance, in ihre alten Jobs zurückzukehren, wenn sie zwischendurch nicht den Kontakt verlieren.
Nebentätigkeiten wird es also weiterhin geben. Aber die Nebenwirkungen sollte kein Politiker unterschätzen. Arentz wird nicht der Letzte sein, der schneller als gewünscht in seinen alten Beruf zurückkehren muss. ULRIKE HERRMANN