Geheimdienstlicher Zentralismus in den USA

Der US-Kongress verabschiedet die größte Reform der Geheimdienste seit 1947 und folgt damit weitgehend den Empfehlungen der Kommission zum 11. September: zentrale Steuerung, Vernetzung und einheitliche Führerscheine

WASHINGTON taz ■ Der US-Kongress hat sich gestern auf die umfassendste Reform der US-Geheimdienste seit der Gründung des Auslandsspionagedienstes CIA im Jahre 1947 geeinigt. Er folgt damit überwiegend den Vorschlägen der parlamentarischen Untersuchungskommission zu den Terroranschlägen vom 11. September und gießt deren wichtigste Empfehlungen in Gesetzesform.

Die Neustrukturierung sieht vor, einen nationalen Geheimdienstdirektor zu berufen, der dem Präsidenten direkt unterstellt sein wird. Er soll den CIA-Chef als wichtigsten Geheimdienstberater des Präsidenten ablösen. Ferner soll er die Arbeit der 15 verschiedenen Geheimdienste der CIA, des Außenamtes, des Pentagon und der Bundespolizei FBI koordinieren und deren Finanzmittel kontrollieren. Unklar ist, ob der jüngst von Präsident Bush zum CIA-Direktor ernannte Porter Goss diesen Posten erhalten wird. Ein nationales Antiterrorzentrum wird geschaffen, das strategische Operationen im In-und Ausland planen und ein Bürgerrechtsgremium beherbergen soll, um Eingriffe der Regierung in die Privatsphäre zu überprüfen.

Die grundsätzliche Philosophie hinter den Reformen ist, die Geheimdienste zentral zu steuern und somit hoffentlich effektiver zu gestalten. Denn die Schlüsselerkenntnis der Untersuchungskommission war, dass die Zusammenarbeit zwischen den Geheimdiensten aufgrund von Kompetenzgerangel und mangelnder Kommunikation im Vorfeld der Terroranschläge versagt habe.

Weitere wichtige Neuerungen sehen vor, die Grenzen zu den Nachbarländern Mexiko und Kanada stärker zu sichern. So sollen 2.000 zusätzliche Einsatzkräfte an der südlichen Grenze stationiert werden. Unbemannte Aufklärungsflugzeuge werden die grüne, zumeist unbewachte Grenze im Norden überwachen. Das Gesetz verlangt überdies einheitliche Standards für Führerscheine, die in den USA einzige Form einer persönlichen Identifikationskarte. Bürgerrechtler kritisieren dies als weiteren Schritt zur Einführung eines Personalausweises. Unter Konservativen war diese Regelung umstritten, da sie auch illegalen Einwanderern erlaubt, legal einen Führerschein zu erwerben.

Noch am Wochenende schien das Gesetz daher ausgerechnet am Widerstand von Bushs Parteifreunden zu scheitern. Einflussreiche republikanische Abgeordnete hatten das Gesetz wochenlang blockiert und eine Machtprobe zwischen Kongress und Weißem Haus provoziert. Neben den in ihren Augen zu laxen Einwanderungsbestimmungen fürchteten sie vor allem, das zu stark in die Kommandostruktur des Pentagon eingegriffen werde. MICHAEL STRECK