: Karlsruhe rügt rot-grüne Tricks
Bundesverfassungsgericht gibt Klage der Union statt: Verfahren zur Besetzung der Bundestagsbank des Vermittlungsausschusses ungerecht. Neuregelung gefordert
KARLSRUHE taz ■ Der Vermittlungsausschuss muss neu zusammengesetzt werden. Dies entschied gestern das Bundesverfassungsgericht auf Klage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die einen zusätzlichen Sitz forderte. Derzeit besteht im Vermittlungsausschuss ein Patt zwischen Rot-Grün und Schwarz-Gelb. CSU-Chef Stoiber kommentierte: „Rot-Grün hat das Recht gebrochen, um sich die Macht zu sichern.“
Der Vermittlungsausschuss wird eingeschaltet, wenn Bundestag und Bundesrat unterschiedlicher Auffassung sind. Ihm gehören 16 Vertreter der Bundesländer und 16 Abgeordnete des Bundestags an. Gestritten wurde nach der Wahl 2002 über die Besetzung der Bundestagsbank. Nach den üblichen Verteilverfahren hätten Rot-Grün und Schwarz-Gelb je acht Personen entsenden können.
Doch die Koalition änderte flugs das Verfahren, sodass neun rot-grüne und sieben schwarz-gelbe Vertreter bestimmt wurden. Die Mehrheitsverhältnisse im Parlament sollten sich auch auf der Bundestagsbank niederschlagen, lautete das Argument.
Karlsruhe entschied nun jedoch, dass der Bundestag noch in dieser Wahlperiode eine gerechtere Sitzverteilung auf der Bundestagsbank beschließen muss. Die Entscheidung fiel mit fünf zu drei Richterstimmen. Die SPD muss dann wohl einen Sitz an die CDU/CSU oder auch an die Grünen abgeben.
Die Tätigkeit des Vermittlungsausschusses der letzten zwei Jahre ist durch dieses Urteil nicht nachträglich infrage gestellt. Die rot-grüne Verfahrensänderung wurde von Karlsruhe „vorläufig“ akzeptiert, weil nach der Wahl eine Regelung im Konsens aller Fraktionen nicht sofort möglich schien.
Die praktische Bedeutung des Urteils ist auch geringer, als Stoiber glaubt. Denn bei Zustimmungsgesetzen kommt es gar nicht auf die Sitzverteilung im Vermittlungsausschuss an. Ohne Einigung wird der Bundesrat das vom Bundestag beschlossene Gesetz einfach ablehnen. Und bei den übrigen Gesetzen, den so genannten Einspruchsgesetzen, kann der Vermittlungsausschuss das Verfahren nur einige Monate beschleunigen oder verlangsamen, aber nicht blockieren. (Az.: 2 BvE 3/02) CHRISTIAN RATH