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Archiv-Artikel

Deutscher Käse für die Ölscheichs

Deutsche Bauern verdienen pro Monat 1.470 Euro. „Sozialhilfeniveau“ klagt deren Verbandschef Sonnleitner. Sie setzen auf Käufer im Ausland, da Rot-Grün nicht helfe

Von HG

BERLIN taz ■ „Gott sei Dank, das Ausland hat an den deutschen Bauern geglaubt, an seine Sekundärtugenden: Liefertreue und -verlässlichkeit“. Gerd Sonnleitner, Präsident des Deutschen Bauernverbands, zeigte sich gestern sehr deutsch und ein wenig vergrätzt, als er den Situationsbericht 2005 präsentierte. Danach waren Käse, Getreide und Fleisch aus Deutschland in anderen Ländern gefragter denn je.

Die Bauern haben dennoch kaum mehr verdient. „Sozialhilfeniveau“ nannte Sonnleitner die 1.470 Euro brutto, die derzeit eine Arbeitskraft in der Landwirtschaft durchschnittlich bekommt. Alle Zahlungen aus Brüssel und Berlin seien dabei schon eingerechnet. Und jüngst hat sich die Regierungskoalition verständigt, die Beihilfen für Agrardiesel und die landwirtschaftliche Krankenversicherung zu kürzen. Sonnleitner wirbt um Verständnis: „Ist doch klar, dass die Landwirte dagegen demonstrieren müssen.“

Besonders gelitten haben die Milchbauern im letzten Wirtschaftsjahr, gerechnet von Juli 2003 bis Juni 2004. Sie bekamen nur noch 27 Cent pro Liter. Das sind 5 Cent weniger als sie in die Produktion stecken. Die Preise würden sich künftig bessern, so Sonnleitner. Seine Analyse: Der Ölpreis steigt, die arabischen Scheichs leisten sich mehr – und ordern viel deutschen Käse. Etwa für Pizza oder Cheeseburger. Die Nachfrage könnten nur große Unternehmen bewältigen. Und deshalb begrüßt Sonnleitner die neueste Megafusion: Die dänisch-schwedische Arla Foods will mit der niederländischen Campina zusammengehen. Erstere verkauft in deutschen Läden zum Beispiel Buko-Frischkäse. Letztere vertreibt Campina, Tuffi und Landliebe. Es entsteht der zweitgrößte Milchkonzern der Welt.

Ob er Aldi oder Edeka, die derzeit die ruinösen Milchpreise diktieren, etwas entgegensetzt? Das sei offen, sagt Ulrich Jasper von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Es gebe keinen Grund zu glauben, „dass ein globaler Konzern die Interessen der Bauern besser berücksichtigt“. HG