Klima der Angst und Unterdrückung in Birma

Menschenrechtsorganisation amnesty international kritisiert Verhaftungswelle von gewaltlosen politischen Aktivisten

BERLIN taz ■ In Birma hat sich die Lage der Menschenrechte dramatisch verschlechtert. Das erklärte amnesty international (ai) gestern vor Journalisten in Thailands Hauptstadt Bangkok. Es herrsche ein Klima der „Angst und Unterdrückung“, sagte die ai-Vizedirektorin für Asien, Catherine Baber, nach einer Reise nach Birma, das von der Junta in Myanmar umbenannt wurde. Baber hatte mit einer Kollegin in- und außerhalb der Hauptstadt Rangun Gefängnisse besucht.

Seit der erneuten Verhaftung der Oppositionsführerin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi am 30. Mai habe es eine regelrechte Verhaftungswelle von gewaltlosen politischen Aktivisten gegeben, so Baber. Sie würden ohne konkrete Anklage unter erschreckenden Bedingungen festgehalten. Die Menschenrechtsorganisation schätzt die Zahl der politischen Gefangenen auf mehr als 1.300. Darunter seien auch Journalisten und Ärzte.

Im Gegensatz zum ersten Birma-Besuch einer amnesty-Delegation im Februar dieses Jahres hatte die Junta den Menschenrechtlern diesmal ein Treffen mit Suu Kyi verwehrt. Ai prangerte vor allem die Diskrepanz zwischen den Worten und Taten der Militärjunta an: Knapp zwei Wochen nach den blutigen, von juntanahen Schlägern initiierten Krawallen, bei denen Suu Kyi in so genannte Schutzhaft genommen worden war, hatten die Militärs die baldige Freilassung der Friedensnobelpreisträgerin in Aussicht gestellt. Doch Suu Kyi befindet sich nach wie vor unter Hausarrest. Dann kündigte der Ende August zum Premier avancierte Khin Nyunt, vormals die Nummer drei der Junta, einen „Sieben-Stufen-Plan“ an. Darin versprach er eine neue Verfassung – allerdings ohne Zeitplan. Diese soll nun angeblich 2004 erarbeitet werden, wie Birmas Außenminister Win Aung vor einer Woche in Bangkok sagte. Thailands Regierung unter Thaksin Shinawatra, an guten Beziehungen mit Rangun interessiert, hatte sich bei dem Treffen scharfe Kritik an der Junta verbeten.

Während Kritiker monieren, dass hinter den schönen Reden nichts anderes als politisches Kalkül steht, sind andere Beobachter überzeugt, dass Birmas Militärs langsam die Puste ausgeht – trotz guter Beziehungen zu einigen asiatischen Nachbarn und früheren Ostblockländern. In der Tat hatten westliche Sanktionen in den letzten 15 Jahren kaum zur Liberalisierung Birmas beigetragen. Doch die Gangart hat sich verschärft. Weil Suu Kyi weiterhin unter Arrest steht, haben die USA und EU ihre Sanktionen verschärft. Und die südostasiatische Staatengemeinschaft Asean, die sich stets vornehm mit Kritik zurückhielt, forderte jüngst unverblümt die Freilassung Suu Kyis. Es wird für Asean peinlich sein, wenn das international gescholtene Birma 2006 den Vorsitz der südostasiatischen Staatengemeinschaft übernimmt. NICOLA GLASS