Gegensätzliche Positionen

MALEREI Die Hamburger Deichtorhallen präsentieren mit Cecily Brown und Herbert Brandl zwei junge Künstler, die expressiv malen, ohne sich darum zu scheren, ob das schon dagewesen ist

Wollüstig schichtet Cecily Brown Farben aufeinander und bekommt nie genug

Diese Ausstellung zelebriert den Zweifel. Nicht den Zweifel am Sinn der Malerei an sich. Sondern den Zweifel daran, ob man gewisse Diskurse wirklich noch einmal eröffnen muss. Den über die Gratwanderung zwischen Figuration und Abstraktion etwa, die der abstrakte Expressionismus der 50er und 60er schon führte und zu dem Cecily Brown anregt, derzeit in den Hamburger Deichtorhallen präsent.

Interessant an dieser Doppelausstellung ist aber auch die Frage, welcher Gestus authentischer ist: Der eher vulkanisch-explosive Cecily Browns, dieses Enfant terribles der New Yorker Kunstszene, die mit erotischen Szenen von sich reden machte. Oder jene Kühle in den Bildern des Österreichers Herbert Brandl, für den die Hamburger Ausstellung die erste große Werkschau hierzulande ist.

Es sind zwei gegensätzliche Positionen, die einander fast ironisch konterkarieren. Denn für ihre Bilder, die wirken wie im Rausch eines Tages gemalt, kreißt die Malerin manchmal ein ganzes Jahr lang.

Brandls Arbeiten wiederum, die so entrückt scheinen, entstehen in jeweils 30 Minuten. Man bemerkt sie durchaus, die Flüchtigkeit, die an die verwischten Fotos erinnert, die Brandl vor dem Malen durchsieht – zu Hunderten. Die Ergebnisse sind weitaus meditativer, als es zunächst scheint: Sehr dezidiert sucht der Maler von Gebirgen, Gräsern, Bambus-Stäben, die aber immer auch als abstrakte Gebilde durchgehen können, nach Einfallswinkel und Machart des Lichts. Das hat er mit den Malern der Romantik gemeinsam: mal mit Caspar David Friedrich, mal mit William Turner, mit dem er im übrigen auch die Lust an der Vernebelung teilt. Dann wieder stochert er so lange in einem Moloch dunkler Farbe herum, bis der schließlich eine Handvoll Gelb freigibt.

Diese Suche nach dem Ursprung der Farbe betreibt – mit anderen Mitteln – auch Cecily Brown: Wo das blanke Fleisch zur Farbe wird, will sie wissen. Will provozieren und fragen, ob die Köpfe und Körperteile, die auf ihren Bildern herumwuseln, nur eingebildet sind oder nicht doch echt. Wollüstig schichtet sie Farben aufeinander und bekommt nie genug. Manchmal scheint es, als fehle schlicht der Schlussakkord; als seien ihre Bilder eine ewig währende Sinfonie.

Auch die Farbnuancen ändern sich im Lauf der Zeit, die Brown auf ein Gemälde verwendet. Heraus kommt eine Komposition mäandernder Stimmungen, die man eigentlich zeitlich lesen müsste. Andererseits besteht gerade darin die Verdichtung: in der Gleichzeitigkeit, mit der sich Browns Timbres und Motive überlagern. Petra Schellen

bis 30. 8. 2009, Hamburg, Deichtorhallen