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Archiv-Artikel

Blutkrebsfälle ungelöst

Expertenkommission zur Leukämiehäufung rund um AKW Krümmel hört im Streit und ergebnislos mit der Arbeit auf

HANNOVER taz ■ Die niedersächsische Expertenkommission zur Leukämiehäufung in der Samtgemeinde Elbmarsch hat ihre Ursachenforschung nach 14 Jahren ohne greifbares Ergebnis eingestellt. Ein von den Sprechern des zerstritten Gremiums im Alleingang erstellter Abschlussbericht spricht aber das AKW Krümmel und das benachbarte atomare GKSS-Forschungszentrum nicht von jedem Verdacht frei, für die bundesweit einmalige Häufung von Blutkrebserkrankungen bei Kindern in der Gegend südöstlich von Hamburg verantwortlich zu sein.

Es konnten „keine zwingenden Belege für den nahe liegenden Verdacht gefunden werden, es gäbe einen Zusammenhang zwischen den bei Kindern aus dem 5-km-Radius um die Nuklearanlagen gehäuft auftretenden Leukämiefällen und den Emissionen dieser Anlagen“. So lautet das Fazit des Abschlussberichtes, den der Kommissionsvorsitzende Professor Erich Wichmann gestern in Hannover vorstellte.

Wichmann bedauerte, dass man „nach sehr großem Aufwand keine Aufklärung liefern“ könne. Zumal die Häufung von Leukämie aus dem Gebiet keineswegs verschwunden sei. Nach dem Bericht erkrankten dort seit 1990 insgesamt fünfzehn Kinder an Blutkrebs. Die letzten vier Erkrankungen wurden zwischen August 2001 und Juni 2003 diagnostiziert.

Der gestern veröffentlichte Abschlussbericht gibt nur die Meinung von Wichmann und dem Bremer Epidemiologen Professor Eberhard Greiser wieder. Die übrigen 16 Kommissionsmitglieder durften ihn vor der Veröffentlichung nicht einmal lesen. Die Mitglieder Horst Kuni und Inge Schmitz-Feuerhake zeigten sich „auf das Höchste irritiert“ über solche Geheimniskrämerei. Die Bremer Professorin Schmitz-Feuerhake bekräftigte ihre Überzeugung, „dass die Erkrankungen durch in der Umgebung noch nachweisbare radioaktive Kontaminationen erzeugt wurden“. Sie erinnerte an einen Störfall aus dem September 1986, der das Gelände des AKW Krümmel tausendfach höher kontaminiert habe als im Frühjahr des gleichen Jahres die Wolke aus Tschernobyl. Dafür hätten Betreiber und Behörden bis heute keine Erklärung. JÜRGEN VOGES