City-Hopping
: Seit 157 Jahren: Hamburg – Berlin

Manchem stockte der Atem vor Bewunderung: „Das silbergraue, in seiner stromlinienförmigen Gestaltung pfeilschlanke Fahrzeug macht den Eindruck technischer Vollendung“, jubelten die Hamburger Nachrichten am 22. Juni 1931 über den Rekord, der für die Ewigkeit gemacht schien. Tags zuvor war ein stählernes Ungetüm mit Propellerantrieb von Hamburg-Bergedorf nach Berlin-Spandau gefahren, ach was, geflogen! 98 Minuten brauchte der „Schienenzeppelin“, mit einer Spitzengeschwindigkeit von 230 Stundenkilometern. Seine erste Fahrt war zugleich die letzte, denn tauglicher für den Alltagsbetrieb war der „Fliegende Hamburger“, ein zweiteiliger Dieseltriebwagen, der mit 2 Stunden und achtzehn Minuten nicht viel langsamer war als heutige ICs.

Seit dem Zweiten Weltkrieg erinnerte die Bahnstrecke zwischen Berlin und Hamburg eher an ein Bimmelbähnchen denn an die Verbindung zwischen den beiden größten deutschen Städten. Schuld waren die DDR und Kanzler Kohl. Sechs Stunden dauerte das Zuckeln auf täglich maroder werdenden Gleisen. Nach dem Ende der DDR begannen der Oggersheimer und befreundete Konzernmanager vom Transrapid zu träumen.

In 90 Minuten sollte, so deren Vision, der Magnetgleiter mit mehr als 400 Stundenkilometern auf Stelzen von City zu City schweben, seit Neujahr 2003 fristet er sein kärgliches Dasein als Flughafen-S-Bahn im chinesischen Shanghai. In die schwarzen Zahlen wäre das Prestigeprojekt nie geraten – dafür verschlang es eine viertel Milliarde Euro an Planungskosten und ein volles Jahrzehnt an verkehrspolitischer Zukunft. Von knapp drei auf rund 4,5 Milliarden Euro wuchsen allein die Berechnungen für den Streckenbau, Anlass für die rot-grüne Bundesregierung, im Februar 2000 die Notbremse zu ziehen.

Derweil zockelten die Züge durch den Norden des zusammenwachsenden Deutschland mit einem Tempo, das die Preußische Staatsbahn bereits 100 Jahre vorher zustande gebracht hatte. 3:28 Stunden hatte 1901 der D-Zug Nummer 5 benötigt, seinerzeit der schnellste Zug Europas. Neun bis sieben Stunden hatte die Fahrzeit in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gedauert, nachdem die Verbindung 1847 eingeweiht worden war; drei bis vier Tage, je nach Wetter, waren davor die Postkutschen unterwegs gewesen.

Immer geringer – früher nach Tagen, heute nach Minuten gezählt – sind die Zeitgewinne. Und immer teurer. 650 Millionen Euro kostete die Erneuerung der 287 Kilometer langen ICE-Strecke: 2.265 Millionen pro Kilometer, 10.833 Millionen pro gesparte Minute. smv