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Archiv-Artikel

Strom ist jetzt schwarz

Laurenz Meyer, CDU-Generalsekretär, lässt sich vom Konzern RWE sponsern. Das regt einige sogar auf. Dabei sollte man ihm dankbar sein – für ein Lehrstück über moderne, demokratische Politik

VON NICK REIMER

Flugmeilen wäre zu langweilig. Auch verbilligte Kredite, suspekte Spenden oder Beraterverträge ohne Beratungspflicht hatten wir schon. Diesmal geht es um Strom. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer wird vom RWE-Konzern seit Jahren mit verbilligtem Strom beschenkt. Sein Haus hat er mit einem günstigen RWE-Darlehen finanziert. Und ab und an zahlt ihm RWE „irgendeine Ausschüttung“.

Natürlich könnte man sich darüber aufregen. 1.400 Euro, die Mayer jährlich allein durch Billigstrom spart, sind eine Menge Geld – zumindest aus Hartz-IV-Perspektive. Man sollte sich aber lieber bei Laurenz Meyer bedanken. Schließlich liefert er uns ein Lehrstück über die Funktionsweise demokratischer Politik im postindustriellen Zeitalter. Kostenfrei.

Die Textaufgabe: Seit das Erneuerbare Energien-Gesetz Ernst macht mit einer alten CDU-Politik – effiziente Förderung der regenerativen Stromproduktion –, haben die großen Energiekonzerne Deutschlands ein Problem. Jährlich geht ihnen nämlich ein Prozent Anteil am Strommarkt flöten, bereits in 14 Jahren werden Eon, RWE und Co. ein Fünftel dieses äußerst Gewinn bringenden Kerngeschäfts verloren haben. Entwickle beispielhaft für den zweitgrößten Energiekonzern, RWE, Strategien, diesen herben Verlust zu verhindern.

Lösungsmöglichkeit A: den Konkurrenten einfach aufkaufen. Beliebteste, weil effektivste Methode des Kapitals. Die tschechische Transgas hier, die restlichen Anteile an Thyssengas da, ein bisschen Mehrheit am Steinkohlekraftwerk Ibbenbüren, die restlichen Aktien der Großkraftwerk Mannheim Aktiengesellschaft GKM – dank ihrer Kriegskasse, gefüllt durch steuerfreie Rückstellungen für die AKWs, verfügt RWE über ungeahnte Möglichkeiten. Das Dumme ist nur: Die Windstromer kann man nicht so ohne weiteres kaufen. Erstens sind es zu viele. Zweitens investierten etliche aus Überzeugung (deren Marktwert nur schwer abschätzbar ist). Drittens haben sie eine starke Position am Markt – dank des Erneuerbaren Energien-Gesetzes, kurz EEG.

Lösungsmöglichkeit B: selbst ins erneuerbare Geschäft einsteigen. Hat RWE natürlich längst gemacht. In Großbritannien etwa ist ein Tochterunternehmen größter Windstromproduzent. Allerdings hat diese Möglichkeit einen Haken: Man kann in Deutschland schlecht gegen das EEG zu Kriege ziehen und gleichzeitig daran partizipieren. Hätte das Erfolg, wären die schönen Investitionsmillionen dahin.

Lösungsmöglichkeit C: das EEG madig machen. Kann RWE natürlich nicht selbst. Muss sich deshalb externe Akteure einkaufen. Zum Beispiel Chefredakteure deutscher Nachrichtenmagazine. Wenn die sich gern mal vom privaten Firmenjet chauffieren lassen, springen dann schon mal Titelstorys wie „Der Windmühlenwahn“ heraus. Empfehlenswert sind auch Politiker. Beispielsweise den Vorsitzenden der CDU-Sozialausschüsse, Hermann-Josef Arentz, der gern als Kritiker großer Konzerne und ihrer Topmanager auftritt. 60.000 Euro zahlte ihm RWE. Strom gab’s gratis dazu.

Ergebnis: Am effektivsten ist eindeutig Option C. „Meine Partei will bei Förderung erneuerbarer Energien mehr Wettbewerb“, erklärt Laurenz Meyer. Und sagt Sätze wie: „Es ist schon empörend. Die Bundesregierung hinterlässt bei Maut, Dosenpfand und dem Gesetz über erneuerbare Energien ein einziges Chaos, anstatt sich mit dem Arbeitsmarkt und der Reform der sozialen Sicherungssysteme zu beschäftigen.“ Und das alles für einige hundert Euro im Jahr. Eine Anzeigenkampagne wäre wesentlich teurer.

Das Schöne an der Lösung C: Man sitzt derart direkt am Hebel. Entschließungsantrag Nr. 15/2858, eingebracht in den Bundestag am 31. März dieses Jahres: Die Bundesregierung wird aufgefordert, das EEG bis zum 31. Dezember 2007 zu befristen. Unterschrift Laurenz Meyer.

1,36 Milliarden Euro Gewinn machte RWE im ersten Halbjahr. Was sind da 1.400 Euro? Mag ja sein, dass die Windstromer bis Ende 2007 davon zwei, drei Prozent wegnehmen. Aber dann ist ja damit endlich Schluss. Dank Energieminister Laurenz Meyer.