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Archiv-Artikel

Es herrscht wieder Frieden im Ländle

Versöhnungsparteitag der baden-württembergischen CDU: Oettinger mit 94,7 Prozent zum Nachfolger von Ministerpräsident Teufel gewählt. Der Sieger übt sich in Geduld. Verzicht auf schnelle Amtsübernahme. Verliererin Schavan soll Ministerin bleiben

Teufels Abschiedsmahnung: „Es muss gerecht zugehen.“ Das sei nicht überholt, sondern „biblisches Gebot“

AUS SCHWÄBISCH GMÜND HEIDE PLATEN

Es weihnachtete friedlich beim Sonderparteitag der baden-württembergischen CDU in Schwäbisch Gmünd. Die knapp 400 Delegierten wählten den Landtags-Fraktionschef Günther Oettinger (51) mit einem Traumergebnis von 94,7 Prozent zum Nachfolger von Ministerpräsident Erwin Teufel. Damit bestätigten sie das Ergebnis der Mitgliederbefragung, bei der sich Oettinger gegen Kultusministerin Annette Schavan durchgesetzt hatte, und sie erteilten Absolution für die Nachfolgestreitereien, die die Union seit einem Jahr gebeutelt hatten. Deutlich wurde der Wunsch nach Versöhnung in der zerstrittenen Partei.

Oettinger nahm das Votum strahlend entgegen, bedankte sich bescheiden und versprach hoch und heilig, er werde sich bis zur Amtsübernahme im April zurückhalten. Damit negierte er die Gerüchte, er betreibe die Teufel-Demontage weiter und strebe das Amt schon in den nächsten Wochen an. Die Oettinger-treue Fraktion, hatte es geheißen, wolle Teufel fürderhin die Gefolgschaft verweigern und zum sofortigen Rücktritt drängen. Nein, sagte Oettinger, er werde sich nach den Festtagen erst mal zurückziehen. Der Jurist mit dem Image des Königsmörders gab sich auf dem Podium als Lehrling. Er wolle die Zeit nutzen und von Teufel lernen. Er lobte dessen „Härte und Dickköpfigkeit“.

Teufel machte seine Abschiedsrede zu einer Kampfansage, für die er Standing Ovations bekam. Geschlossenheit sei notwendig, denn man wolle „schließlich Wahlen gewinnen“. Gegen „Rot-Grün“. Teufel verteidigte gegen die Modernisierer in der eigenen Partei noch einmal das Subsidiaritätsprinzip der katholischen Soziallehre: dem Staate nicht mehr geben, als des Staates ist, dem Volke dienen, den Armen helfen: „Es muss gerecht zugehen. Das ist kein überholtes Denken, sondern biblisches und moralisches Gebot!“ Teufel hielt die Gesten der Zustimmung für seinen Nachfolger knapp, dankte noch mal seiner Favoritin Schavan und klopfte die Schwerpunkte für seine Rest-Amtszeit fest. Seine von der Fraktion kritisierte, fast eine Milliarde teure „Zukunftsoffensive“ für Forschung und Bildung sei unabdingbar.

Oettinger setzte flugs andere Akzente. Teufel habe, so seine wenig devote Verbeugung, für Familien- und Umweltpolitik gestanden. Wirtschaftskompetenz habe er sich zwar „erarbeitet“, so Oettinger, der eigentliche Experte aber, machte er klar, sei er selbst. Er wolle künftig sparen und konsolidieren, weniger Kündigungsschutz und längere Arbeitszeiten. Die vernachlässigte Infrastruktur im Land, Straße und Schiene, müsse ausgebaut werden. Oettinger forderte die Abschaffung der Kfz-Steuer und die Einführung der Maut auch für Privat-Pkw. Er haspelte sein Programm wie immer schnell herunter, gab sich dynamisch, ein Macher mit Manager-Tempo, inhaltlich aber konzentrierte er sich wie alle seine Vorgänger auf die Bedürfnisse seiner mittelständischen Klientel und lobte den ländlichen Raum als ureigene Heimat der Union. Und in einem war er sich mit Teufel einig: Die Menschen, betonte auch Oettinger, müssten Geld in der Tasche haben: „Lohndumping steht nicht im Programm.“

Nach seiner Wahl versicherte Oettinger, er werde kaum Änderungen im Kabinett vornehmen, die neue Mannschaft werde „weitgehend die alte“ bleiben, seine gescheiterte Konkurrentin Schavan bezog er ausdrücklich mit ein. Teufel gratulierte zu dem „exzellenten Ergebnis“, schüttelte Oettingers Hand einige Sekunden länger als zuvor und rief auf zum „Nachvorneschauen“: „Ich bin dabei!“