piwik no script img

Archiv-Artikel

Eisen-Uli hat sich gefangen

Nach seiner langen Karriere als Bundesligaprofi verfiel Uli Borowka dem Alkohol. Mittlerweile ist der einstige Stürmerschreck trocken und trainiert den Berliner Athletik-Klub. Der spielt in der viertklassigen Oberliga

134 Fans besuchen die Partie des Oberligisten Berliner AK an der Lüderitzstraße. So viele schauten einst Uli Borowka schon im Training bei Werder Bremen zu. Trotz der wenig adrenalinhaltigen Stimmung im Wedding konnte sich der ehemalige Meisterkicker für das viertklassige Spiel erwärmen. „Ich bin sehr angetan von der Leistung meiner Mannschaft“, lobte der frühere Nationalspieler die Feierabendtruppe des gastgebenden Athletik-Klubs.

Ulrich Borowka, in 388 Bundesliga-Partien gefürchteter Eisenfuß bei Werder Bremen und Borussia Mönchengladbach, meldet sich als Trainer des viertklassigen BAK zurück. „Eigentlich war ich nie weg, ich wohne seit Jahren in Berlin“, sagt er. Doch von der Bildfläche verschwunden war der 41-Jährige schon. Zuletzt hieß es, Borowka würde sich im süddeutschen Raum eine neue Betätigung suchen. Als die einstige Verteidigergröße im Sommer 2001 das erste Mal den Job beim BAK übernahm, um den chronisch klammen Klub vor dem Abstieg aus der 4. Liga zu retten, sorgte der Bundesliga-Verteidiger von einst für einen Ansturm der Medien. Wichtiger als die Frage, ob der Verein die Klasse halten könnte, schien damals vielen die Sorge: Hält Borowka durch?

Der Stürmerschreck, der filigranen Größen wie Maradona die Lust am Zaubern mit teutonischer Härte austrieb, zählt zu der Sorte Sport-Stars, die es nicht schafften, ihr Renommee vom Rasen ins Privatleben zu retten. Nach seinem Karriereende in der Bundesliga vor sieben Jahren verfiel Borowka dem Suff. Der soziale Absturz schien unaufhaltsam. Doch Eisen-Uli hat sich gefangen und ist seit Jahren trocken.

„Ich kenne das Geschäft“, versichert der Exprofi hartnäckig. Offen spricht er darüber, dass er jetzt auf die geliebte Weinsoße zum Fisch verzichten müsse und Vertragsabschlüsse mit Kaffee oder Apfelschorle begießt. Für seinen trockenen Humor spricht, dass Borowka in der Spielzeit 2001/2002 bei Türkiyemspor, seiner 2. Trainerstation in Berlin, schon mal in einem T-Shirt mit der Aufschrift „Beck’s“ zur Übungsstunde erschien. „Borowka ist der beste Trainer, den ich je hatte“, erzählten viele Türkiyem-Spieler.

Doch der Coach warf den Job in Kreuzberg im Frühjahr 2002 vorzeitig hin, weil hinter seinem Rücken längst ein neuer Trainer bereitstand. Während einstige Kollegen aus der großen Bremer Rehhagel-Ära wie Thomas Schaaf, Benno Möhlmann oder Wolfgang Sidka Profi-Vereine trainieren, startet Borowka einen Neubeginn in Liga 4. „Ich bleibe meinem klaren Weg treu“, sagt er. Dazu zählt auch, dass er den Versprechungen des BAK-Präsidenten Mehmet Ali Han keine übersteigerte Bedeutung beimisst. Han hat vollmundig verkündet, in der Winterpause auf dem Spielermarkt shoppen zu gehen, um höhere Ziele anzupeilen. „Ich bin nicht der Typ, der mit dem Präsidenten dreimal wöchentlich Kaffee trinken geht. Wir sollten die Kirche im Dorf lassen. Es wird harte Arbeit werden“, erklärt der Malocher auf der Trainerbank. JÜRGEN SCHULZ