: Jetzt hilft nur noch beten
Ein Werk des Teufels oder ein Denkzettel für Klaus Wowereit? Völlig überraschend wurde die Hauptstadtklausel aus dem Grundgesetzentwurf gekegelt. Doch der Berliner Senat hofft weiter
VON UWE RADA
Wie viel Hauptstadt ist in Berlin? Und wie viel Berlin in der Hauptstadt? Darüber rätselte gestern das politische Berlin, nachdem der SPD-Bundesvorsitzende Franz Müntefering und der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber die Hauptstadtklausel aus dem Entwurf der Föderalismuskommission für das Grundgesetz gestrichen hatten.
„Die Repräsentation des Gesamtstaates in der Hauptstadt ist Aufgabe des Bundes.“ Diesen Satz hatte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) im Januar im Entwurf der Kommission unterbringen können. Hintergrund war der Wunsch Berlins, dass sich der Bund zu seiner – auch finanziellen – Verantwortung für die Hauptstadt bekennt. Nachdem der Satz weg ist, heißt es im Entwurf nur noch: „Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland ist Berlin. Das Nähere wird durch ein Bundesgesetz geregelt.“
Wie überraschend die Streichung dieser Hauptstadtklausel für den Senat kam, machte gestern Senatssprecher Michael Donnermeyer deutlich: „Ich habe geglaubt, dass das ein Druckfehler war“, sagte er. Ziel des Senats müsse es nun sein, die Klausel wieder in den Entwurf der Föderalismuskommission zu bringen. Viel Zeit dazu bleibt allerdings nicht. Bereits am Freitag findet die abschließende Sitzung der Kommission statt.
Der grüne Fraktionsvorsitzende Volker Ratzmann warnte indes davor, sich allzu große Hoffnungen zu machen. „Der größte Verbündete Berlins war Edmund Stoiber. Der ist nun abgesprungen.“ Für Ratzmann ist das auch ein Indiz dafür, dass Wowereit zu hoch gepokert habe. „Berlin hätte längst ein Konzept für einen Gesetzentwurf zur Hauptstadtfunktion vorlegen müssen. Das würde eine politische Diskussion ermöglichen.“ Stattdessen, so Ratzmann, habe der Regierende mit „unabgesprochenen Vorschlägen Verwirrung gestiftet“. Statt weiterzupokern, sei es nun vorrangig, sich auf den Gesetzentwurf zu konzentrieren.
Ähnlich argumentierte auch CDU-Fraktionschef Nicolaus Zimmer: „Nur mit einer intelligenten Verhandlungsstrategie lassen sich Ziele erreichen.“ Zimmer bot Wowereit darüber hinaus seine Hilfe an: „Herr Wowereit hat in den letzten Wochen deutlich erkennen lassen, dass er mit seiner Aufgabe als Regierungschef überfordert ist.“ Berlin, so Zimmer, „braucht dringender denn je politische Führung anstatt weitere Peinlichkeiten“.
Doch ganz so einfach liegen die Dinge nicht. Die Frage „Wie viel Berlin ist in der Hauptstadt?“ muss sich neben der SPD auch die Landes-CDU gefallen lassen. Auch Nicolaus Zimmer und CDU-Landeschef Joachim Zeller haben es bislang nicht vermocht, die Bundesspitze der Union von der Notwendigkeit einer schnellen Klärung des Berlin-Status zu überzeugen.