: Zwielichtige OP-Termine
Auslöser der staatsanwaltlichen Ermittlungen ist eine Operation des Essener Chef-Transplanteurs Christoph Broelsch im thüringischen Jena. Ein Patient aus Israel hatte sich im November 2001 an den Spezialisten gewandt. Der Israeli wollte sich von einem angeblichen Vetter aus Moldawien eine Niere spenden lassen. Das Transplantationsgesetz schreibt jedoch vor, dass entweder eine familiäre oder eine enge emotionale Bindung zwischen Spender und Empfänger existiert. Gesetzlich vorgeschriebene Ethikkommissionen in den Kliniken entscheiden, ob eine solche „persönliche Verbundenheit“ vorliegt.
Im konkreten Fall hatte die Essener Kommission Zweifel an der Geschichte vom vorgeblichen moldawischen Vetter. Bei einer getrennten Befragung sprach der Israeli von 40 Besuchen in Moldawien, sein osteuropäischer Vetter konnte sich nur an vier Treffen erinnern. Die Kommission lehnte die OP ab. Broelsch fuhr mit Spender und Empfänger nach Jena, wo er die Zustimmung der Ethikkommission erhielt und die Operation durchzog. Broelsch attackierte damals die Essener Ethikkommission. „Die sind nicht die letzte Instanz für ein gewissenhaftes Handeln“, zeigte der Chirurg wenig Respekt vor dem Gesetz. Noch ein zweiter Fall erscheint zwielichtig. 1998 pflanzte Broelsch einem wohlhabenden Patienten aus Saudi-Arabien eine Leber ein. Patienten auf der Warteliste in Deutschland seien dabei übergangen worden, hiess es in dem anonymen Schreiben an die Staatsanwaltschaft. Der Vorgesetzte von Broelsch in Essen nahm den Brief jedoch nicht ernst. Professor Werner Havers, Ärztlicher Direktor im Uni-Klinikum, rügte Broelsch zwar für seinen OP-Tourismus (“Das darf nicht wieder vorkommen!“), ließ es aber dabei bewenden.
Die Essener Staatsanwaltschaft ermittelt nun seit knapp zwei Jahren in Essen und Jena. TEI