: Maut macht müde Schiene noch nicht munter
Heute wird Bundesverkehrsminister Stolpe den Start der Autobahngebühr für Lkw verkünden. In Österreich läuft sie schon ein Jahr. Doch noch hat die Bahn davon nicht profitiert. Es fahren sogar mehr Brummis durch die Alpen als vorher
BERLIN/WIEN taz ■ Heute wird Bundesverkehrsminister Stolpe einmal mehr väterlich in die Kameras lächeln. Denn nach vielen technischen Pannen verkündet er wohl den Start der elektronisch abgerechneten Autobahngebühr für Lkw am 1. Januar. Es spreche nichts dagegen, dass die Maut mit einem funktionierenden System starten könne, sagte Stolpe am Wochenende.
Die Bundesregierung will mit der Maut nicht nur eine zusätzliche Einnahmequelle für den Bau von Straßen, Schienen und Kanäle schaffen. Sie will durch eine Verteuerung des Lkw-Verkehrs auch den Transport per Zug wettbewerbsfähiger machen. Bis 2015 soll der Anteil der Schiene am Güterverkehr verdoppelt werden.
Erste Erfahrungen in Österreich, wo seit einem Jahr ein Mautsystem installiert ist, geben aber bislang keinen Grund zum Optimismus. Noch steht eine offizielle Zwischenbilanz zwar aus. Nach Einschätzung von Fuhrunternehmen hat sich aber noch keine Verlagerung ergeben. Auf den Transitstrecken hat der Lkw-Verkehr sogar zunächst einmal zugenommen.
Grund ist vor allem das Auslaufen der so genannten Ökopunkte-Regelung. Lastfahrzeuge können seit Januar praktisch unbeschränkt über die Alpenstraßen brummen. Allein auf dem Brenner hat sich das Aufkommen von 1,6 Millionen auf zwei Millionen Lkw erhöht. Zweck der Maut sei, die Kosten, die der Schwerverkehr verursacht, auch diesem aufzubürden, so Christian Gratzer, Pressesprecher des Verkehrsclubs Österreich (VCÖ). Das sei gelungen, soweit es die Infrastrukturkosten für die Verkehrswege betrifft.
Nicht eingerechnet seien allerdings Gesundheitskosten, Lärmschäden, indirekte Kosten wie die Wertminderung von Immobilien und der CO2-Ausstoß. Laut VCÖ müssen 1,8 Milliarden Euro an Gesundheits-, Umwelt- und Unfallkosten, derzeit von der Allgemeinheit getragen werden.
Außerdem weichen viele Spediteure auf die Maut-freien Bundesstraßen aus, wo die Belastung für die Anwohner spürbar zugenommen hat. Sollte dies auch in Deutschland geschehen, werden auch Bundesstraßen Maut-pflichtig, droht Stolpe.
Für den VCÖ ist die Schweiz das große Vorbild. Dort wird die Maut flächendeckend eingehoben und liegt deutlich über dem europäischen Niveau. Der VCÖ setzt sich dafür ein, dass die Maut auch das ökologische Paket abdeckt. Die derzeitige EU-Wegekostenrichtlinie lässt dies aber nicht zu.
Außerdem, so Gratzer, habe es die Politik versäumt, den Bahnverkehr attraktiver zu machen: „Da wird vor allem von Einsparungen gesprochen.“ Die Einrichtung von Betriebsgleisen würde beispielsweise für heimische Unternehmen den Schienentransport attraktiver machen. STEPHAN KOSCH
RALF LEONHARD