: Bitterzart modulierte Gefühle
Protestsongs, gemacht in Bremen: Die Sängerin und Texterin Claudia Kuper präsentiert auf ihrer zweiten CD „here“ Folksongs mit einer Prise Riot Girl. Inspirieren lässt sich die Bremerin mit der klaren Stimme von den Grenzbereichen des Alltäglichen
Claudia Kuper schlendert mit einer Freundin aus den USA durchs Steintorviertel und unterhält sich mit ihr auf Englisch. Ein glatzköpfiger Typ in Springerstiefeln und Bierdose in der Hand schnauzt die beiden Frauen an: „In Deutschland spricht man Deutsch!“ Ärgern würden sich viele. Kuper machte einen Song aus dem Erlebnis.
„‚Germany‘ ist vielleicht das wütendste Lied auf meiner neuen CD“, kommentiert sie. Auch die meisten anderen Lieder der 30-Jährigen entstehen aus den Grenzbereichen des Alltäglichen: aus diesem gewissen Etwas in den Augen einer Frau, die täglich an Kupers Fenster vorbeigeht. Aus Bestürzung über einen Mann, der ein Freund war – bis er seine Freundin schlug. Aus Phasen, in denen manche Frau nichts und niemanden so richtig leiden kann, vor allem nicht sich selbst: „I don‘t wanna go out now – everybody is staring – I know I‘m fat and ugly...“, ironisiert die schlanke Grünäugige mit dem strahlenden Lächeln in ihrem Song „period“.
Mit klarer, geschmeidiger Stimme moduliert Kuper bitterste und zarteste Gefühle, und viele Facetten dazwischen. Aber sie wagt sich auch an poetisch-rhythmische Experimente: „Just a little bit“ passt in kein Raster und klingt wie ein zunächst zarter, dann immer leidenschaftlicherer Spiraltanz ins Nichts.
Ihre Texte verfasst die Weitgereiste – sie lebte in Kanada, reiste in die USA und in Australien – in makellosem Englisch. „Das ist wie eine Verkleidung für die Bühne“, sagt sie: Das Texten in der Fremdsprache schafft Distanz, schützt die Musikerin vor der Offenbarung von allzu Persönlichem und die Zuhörer vor der Zudringlichkeit deutscher Bekenntnistexte à la Grönemeyer. „Die Stimme ist bei mir sehr wichtig, die Gitarre ist eher zur Begleitung da“, so Kuper zu ihren selbst komponierten und sparsam, manchmal spröde arrangierten Songs. Am passendsten findet sie die Bezeichnung „Folkmusik“ für ihren musikalischen Stil. Aber bitte mit einer Prise riot girl: „Weiterentwickelter, feministischer Folk!“, präzisiert sie. Selber mag sie rebellische Musik-Individualistinnen wie Ani di Franco oder die Indigo Girls.
„here“ ist Kupers zweite CD. Sie hatte schon eine ganze Reihe von Auftritten im Bremer Raum, etwa im Kulturzentrum Schlachthof und im Zakk, spielte auf den diesjährigen Ladyfesten in Hamburg und Amsterdam. Doch vom Singen und Gitarrespielen leben kann sie noch nicht: „Im Gegenteil, meine CDs kosten mich Geld“, sagt Claudia Kuper. Ihren Lebensunterhalt verdient sie als Fahrerin für ein Ökoweingeschäft, um den Vertrieb ihrer Tonträger kümmert sie sich vorerst selbst. Das Reisen und die Musik sollen auch zukünftig eine wichtige Rolle in Claudia Kupers Leben spielen. Vielleicht tut sich die Solo-Musikerin auch mit anderen zusammen: „Ich hätte eigentlich nichts gegen eine Band. Mit fetzigen Frauen natürlich.“
Katharina Müller
Claudia Kupers CD „here“ ist bei Ear-Schallplatten und Hot Shots Records erhältlich