: Katzentangos und Spatzenlieder
Lange Zylinder, schnelle Pantoffeln: Berlins Bühnen locken passend zur Weihnachtszeit mit Kinderprogrammen
All sein Flehen nützt ihm nichts. Vom verarmten Vater in den Dienst eines kaltherzigen Kaminkehrers gegeben, soll Sam in den Schornsteinzug hochklettern. Doch der enge Schlund wird zum Verlies. Sam bleibt stecken. Sein Hilferuf verhallt, bis ihn die Kinder im Haus hören, ihn befreien und vor den Erwachsenen verstecken. Das große Abenteuer um Sams Rettung beginnt.
„Der kleine Schornsteinfeger“, derzeit an der Komischen Oper aufgeführt, zählt zu den schönsten Musikstücken, die der britische Komponist Benjamin Britten für Kinder geschrieben hat. Britten war überzeugt, dass Kinder im Gegensatz zu Erwachsenen menschlicher und auch verantwortlicher handeln – dass sie Ungerechtigkeiten nicht so leicht hinnehmen.
Ganz in seinem Sinne hat die niederländische Regisseurin Jetske Mijnssen die Hauptrollen mit Kindern zwischen acht und vierzehn Jahren besetzt, die gleichberechtigt neben den erfahrenen Bühnenkünstlern agieren und souverän schauspielerische wie auch musikalische Einlagen bewältigen. Unterstützt wird das Stück vom Kinderchor der Komischen Oper.
Das Bühnenbild strahlt leuchtend bunt. Mit einem kräftigen Zug an den bemalten Stoffbahnen verwandelt es sich in die jeweiligen Spielorte. Geschwind erscheinen Kamin, Fenster und der große Spielschrank, der Sam als Versteck dient. Karikierend hat Solita Stucken auch die Kostüme einzelner Figuren gestaltet. Während die Schornsteinfeger einen langen Zylinder tragen, wird die strenge und penible Hausdame Frau Bagott mit einer giftgelben Perücke und ausladenden Hüften überzeichnet. Besonders hübsch anzusehen ist eine Traumszene. Während Sam schläft, erscheinen ihm unterschiedliche Vogelarten: Kinder mit Plüscheulen und Spatzen-Mobiles. Mal tragisch, dann wieder gewitzt und verträumt gestaltet sich das Bühnenstück zu einem Märchen, das durchaus auch Erwachsenen gefällt.
Um Solidarität und Freundschaft dreht es sich auch in dem Kindermusical „Der kleine Muck“, das zurzeit in der Arena zu sehen ist. Regisseur Volkmar Neumann lässt Wilhelm Hauffs berühmtes Märchen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gemeinsam spielen.
Der Waisenjunge Muck, abwechselnd von vier verschiedenen Jugendlichen gespielt, wird wegen seines zu großen Turbans und dem zerlumpten Anzug von den anderen Kindern aus dem Dorf verspottet. Betrübt will er den Mann suchen, der Glück verkauft. In seinen Träumen begegnet er der Zauberkatze Sandrina, die ihm Schnellläuferpantoffeln und einen Zauberstab schenkt. Als Muck vom Sultan zum fürstlichen Läufer ernannt wird, glaubt er sein Glück gefunden zu haben.
Begleitet wird Muck von den kecken Kobolden Mana und Duku, die nicht nur das Stück kommentieren, sondern auch die Kinder im Zuschauerraum animieren, Muck mit kräftigem Anfeuern beizustehen. Leider verliert das Stück an Spannung. Die kleinen Zuschauer scheint das allerdings nicht zu stören: Katzentango und Kinderreime begeistern sie bis zum Schluss.
SANDRA SCHNEIDER
„Der kleine Schornsteinfeger“, 19./26. Dez. + 2./7. Jan. + 8./9. Feb., Komische Oper, Behrenstr. 55–57, 11 Uhr„Der kleine Muck“, 17./20.–28. Dez., 15.30 Uhr, 18./19. Dez. 10.30 Uhr, Arena, Eichenstr. 4