: Rudi-Dutschke-Straße - Kochstraße
Adolf Muschg, Präsident der Akademie der Künste:
„Rudi Dutschke – für mich war er viel mehr als die Studentenbewegung auf Deutsch. Er war eine grüblerische reine Seele von hoher Intensität und sehr persönlicher Ausstrahlungskraft. In seinen Reden hörte ich immer etwas von Thomas Münzer, das viel eher zur Umkehr aufrief als zur Revolution, und mir scheint, das blödsinnige Attentat auf ihn habe das Beste an einer ganzen Generation getroffen. Ich kann nicht mehr hoffen, seinesgleichen noch einmal leibhaftig auf der Straße zu begegnen. Warum nicht wenigstens seinem Namen? Die Straße, die nach ihm heißt, sollte nur sehr grün sein – wie er den Menschen war und sich die Welt immer noch zu wünschen wagte.“
Claudia Roth, Bundes-vorsitzende der Grünen:
„Rudi Dutschke steht für gelebte Utopie, für theoretischen Scharfblick und solidarische Zuwendung, für praktisches Handeln und Humanität. Ihm ging es um eine wirkliche Aufarbeitung unserer Geschichte, um einen kritischen Blick auf das Jetzt, um ein klares Nein zur Atomkraft, um das Projekt einer von Unterdrückung und Diskriminierung freien Welt. Mit seinem Namen verbindet sich ein wichtiger Schritt der Öffnung und Demokratisierung – in unseren Köpfen und in unserem Land. Rudi Dutschke starb am 24. Dezember 1979 mit noch nicht einmal 40 Jahren an den Spätfolgen eines Attentats. Dass er in einer Reihe mit den großen Gestalten der deutschen Freiheits- und Bürgerrechtsbewegungen steht – auf diese Erkenntnis müssen wir nicht 50 oder 100 Jahre warten. Das wissen wir heute, ein Vierteljahrhundert nach seinem Tod. Es wird Zeit, dass wir sein Wirken angemessen würdigen. Eine Rudi-Dutschke-Straße in Berlin-Kreuzberg wäre ein richtiges Signal – zumal dann, wenn sie quer liegt zur Axel-Springer-Straße und auch noch Vorfahrt hat.“
Franz Schulz (Grüne), Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg:
„Rudi Dutschke ist für mich der Sprecher einer Studentenbewegung, die Berlin aus dem Muff der 50er- und 60er-Jahre geführt hat. Kennen gelernt habe ich ihn erst Ende der 70er-Jahre: bei einer Diskussion an der FU mit dem Titel „Brauchen wir eine linke Partei?“ Zu dieser Zeit hatte er schon eine andere Ausstrahlung als in den 60er-Jahren, die ja durch eine radikale Aufbruchsstimmung gekennzeichnet waren. Später ging es um die Institutionalisierung dieses Aufbruchs. Rudi Dutschke wird in Berlin nicht genügend gewürdigt. Für die Umbenennung einer Straße bietet sich die Kochstraße an: Schließlich ist sie die südliche Begrenzung der ehemaligen Druckerei des Springer-Verlags –eine der wichtigsten Institutionen, gegen die Rudi Dutschke und die Studentenbewegung ankämpften.“
Adrienne Goehler, Kuratorin des Hauptstadtkulturfonds:
„1977 hat Rudi Dutschke gesagt: ‚Sich selbst zu verändern, glaubwürdig zu werden, Menschen zu überzeugen und den verschiedensten Formen von Ausbeutung und Terror entgegenzuwirken, das mag in manchen Augenblicken ungeheuer schwer erscheinen. Und dennoch gibt es dazu keine Alternative.‘ Dieses Denken hat nicht nur eine ganze Generation beeinflusst, es hat auch heute noch, 30 Jahre danach, nichts von seiner Ernsthaftigkeit verloren. Deswegen halte ich es für unabdingbar, dass Berlin Rudi Dutschke stärker würdigt – etwa durch die Benennung oder Umbenennung einer Straße.“
Cornelia Reinauer (PDS), Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg:
„Für mich als Linke hatte Rudi Dutschke eine besondere Bedeutung – gerade, weil er von einer sozialistischen Gesellschaft träumte und dafür kämpfte. Er war eine der bedeutendsten Personen der Außerparlamentarischen Opposition der 60er-Jahre, die sich gegen die damalige Verdrängung des Nationalsozialismus wehrte. Ganz wichtig war Dutschke bei den Aktionen gegen den Vietnamkrieg und die Notstandsgesetze. Die damit beginnende Studentenrevolte hat viel verändert in dieser Republik. Ein Mensch, der diese Bewegung maßgeblich unterstützt hat, muss im Gedächtnis bleiben. Deswegen wäre es dringend geboten, in Berlin eine Straße nach Rudi Dutschke zu benennen. Die Kochstraße wäre ein angemessener Ort dafür.“
Klaus Böger (SPD), Bildungssenator:
„Es stünde Berlin gut zu Gesicht, wenn es eine Rudi-Dutschke-Straße gäbe. Natürlich war Dutschke streitbar. Ich habe ihn in Berlin erlebt: Bei aller notwendigen Kritik an ihm ist sein Ziel hoch einzuschätzen, dass die Gesellschaft demokratischer werden und in dieser Gesellschaft jeder eine Chance haben muss. In Berlin hat er gearbeitet, in Berlin ist er niedergeschossen und begraben worden. 25 Jahre nach seinem Tode wird es höchste Zeit, dass Berlin Rudi Dutschkes mit einer Straße gedenkt.“