: Dose geschreddert, Hähnchen gerupft
Der Bundesrat ringt sich zum neuen Dosenpfand durch. Auf dem Hühnerhof soll dagegen alles beim Alten bleiben
BERLIN taz ■ Die Kickerei um die Dose geht zu Ende. Gestern hat der Bundesrat die Reform des Dosenpfands durchgewinkt. Indessen blockierte er die Regeln zur tierfreundlichen Hühnerhaltung. Allerdings will die grüne Bundesagrarministerin Renate Künast diesen Beschluss durch einen Verfahrenstrick umgehen. Vorläufiges Fazit der dubiosen Politstücke: Das Dosenpfandsystem wird einfacher, das Ei aus der Legebatterie seltener. Das eine wegen, das andere trotz des Bundesrats.
Schon ewig wird am Dosenpfand gezerrt. In diesem – Politstück eins – widersetzte sich der Handel erstmals ganz offen rechtlichen Vorgaben. Über Monate boykottierte er die seit 2003 geltende Rücknahmepflicht für die umweltschädlichen Dosen und Einwegflaschen. Die Union beklagte das Trittin’sche Büchsenchaos. In diesem Herbst schlug dann ausgerechnet Bayern einen Kompromiss vor, mit dem alle gut leben konnten. Auch Rot-Grün. Dennoch verzögerte die Länderkammer die Entscheidung – bis gestern.
Was sich ändert? Nach wie vor werden künftig Bier, Mineralwasser, Limo in Dosen und Wegwerfflaschen mit Pfand belegt. Neu hinzu kommen aber Alcopops und Erfrischungsgetränke ohne Kohlensäure, etwa Eistee. Immer werden 25 Cent fällig, die Flaschengröße spielt keine Rolle mehr. Saft, Wein und Milch bleiben vom Pfand verschont. Generell sind Getränkekartons von der Pfandpflicht ausgenommen. Sie sind ökologisch rehabilitiert.
Die Insellösungen von Aldi, Lidl und Penny werden abgeschafft: Wer pfandpflichtige Einwegverpackungen verkauft, muss auch Pfand auszahlen. Das ist unabhängig davon, wo die Flaschen gekauft wurden, wie sie aussehen oder welcher Markenname darauf steht. Voraussichtlich werden die Discounter Rücknahmeautomaten aufstellen. Allerdings hat der Handel noch bis zum Frühjahr 2006 Zeit, um das Einheitspfand umzusetzen. Solche langen Übergangsfristen hatte der Europäische Gerichtshof erst diese Woche gefordert.
Außerdem kann sich der Verbraucher darauf einstellen, dass das klassische deutsche Käfigei 2007 aus den Supermärkten verschwinden wird. Dann ist die fabrikmäßige Eierproduktion in der Bundesrepublik nicht mehr erlaubt. Auch wenn der Bundesrat – Politstück zwei – das gestern per Beschluss aushebeln wollte.
Denn eigentlich ist das Verbot der Legebatterien schon seit 2001 beschlossene Sache. Es wurde nur kompliziert, weil Ministerin Künast 2003 ein großes Paket schnürte, die so genannte Nutztierhaltungsverordnung. Damit brachte sie die Haltung von Hühnern zusammen mit Schweinen und Pelztieren erneut zur Abstimmung. Die Agrarminister von Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern, unter deren Fittichen die meisten Hühnerbarone wirtschaften, ersannen daraufhin einen Kuhhandel. Sie forderten, das Käfigverbot aufzuheben; anderenfalls würden sie bequemeren Ställen für Schweine nicht zustimmen.
Diese fordert aber eine EU-Richtlinie, deren nationale Umsetzung längst fällig ist. Brüssel droht mit Strafen von 700.000 Euro am Tag. Künast steht unter Druck. Sie lasse sich aber „nicht erpressen“, sagte sie. Über „Schöner Wohnen“ für Schweine will sie nun separat verhandeln, die unselige Verknüpfung mit Huhn und Pelztier in einer Verordnung auflösen. Dann kann keiner mehr die Sau gegen die Henne ausspielen. HANNA GERSMANN