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Archiv-Artikel

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Folterfreund Daschner ein Held? Als die „Bild“-Zeitung das letzte Mal einen Rechtsbeuger feierte, kam die Schill-Partei dabei heraus. Unsere Leitkultur hat Aldi-Niveau erreicht. Und außerdem braucht Dortmund einen neuen Trainer

Von DAH

taz: Was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: Mein jährlicher Spekulatius-und-Zimtstern-Vollrausch klingt mit dem Alter nicht ab, im Gegenteil.

Was wird bis Weihnachten noch besser?

Spekulatius! Und vielleicht Zimtsterne! Und dann: Marzipankartoffeln!!!

Heute entscheidet das Frankfurter Landgericht über Vize-Polizeichef Daschner. Hat er widerrechtlich Folter angedroht, um den entführten Jakob von Metzler zu retten – oder hat das Lebensrecht des Entführten Vorrang vor der körperlichen Unversehrtheit des Entführers?

Entscheidet ein Polizist in diesem Gewissenskonflikt gegen die höchsten Verfassungsgüter, muss er einen Arsch in der Hose haben und die Konsequenzen tragen. Hoffentlich leuchtet das Gericht in der Urteilsfindung angemessen aus, ob der Angeklagte den Gewissenskonflikt sah und hatte; nur von dort könnten mildernde Umstände in Betracht kommen. Als Beamter ist Daschner nicht mehr tragbar.

Immerhin ist ja ein „finaler Rettungsschuss“, der zum Tod eines vermeintlichen Täters führen kann, nach gründlicher Abwägung legal. Sollte bei Folter nicht analog verfahren werden?

Nun kommen Sie mal wieder auf den Teppich! Das letzte Mal, als Bild aus einem Rechtsbeuger im Amte einen Helden machte, hieß das Ergebnis „Richter Gnadenlos“ und schließlich Schill-Partei mit 20 Prozent Stimmen in Hamburg. Der Unterschied zwischen Daschner und vielen weniger beachteten Polizeiübergriffen ist, dass der amtierende Dicke-Eier-Journalismus hier Lust zum Rumgoebbeln hat.

Morgen trifft sich der „lupenreine Demokrat“ Putin schon wieder mit Schröder, während er in Moskau den Ölkonzern Yukos zerschlagen lässt. Müsste der Kanzler seinen autokratischen Duzfreund öffentlich schärfer kritisieren?

Ja. Auch wenn diese Forderung niemandem so wenig zusteht wie den Bush-Opportunisten aus der Union.

In der Ukraine ist Putin ebenfalls nicht gerade als Förderer der Demokratie aufgetreten. Am nächsten Sonntag wird dort die Stichwahl wiederholt. Wie können die Europäer die ukrainischen Demokraten, auch nach den Wahlen, unterstützen?

Umgekehrt: Wie lustig fände es die Bush-Administration, wenn Putin Kuba in die russische Föderation aufnähme? Mal so ’n bisschen Wirtschaftshilfe und Kulturaustausch, bevor man es dann – siehe Polen – zum Truppenstützpunkt ausbaut? So lange die USA die EU sehen als possierliche Folkband, die als Vorgruppe aufspielt, bevor dann der main act Nato das Land rockt – solange sollte man, was das Glacis Russlands angeht, maximal über „privilegierte Partnerschaften“ nachdenken. Oder: Moskau in die EU und „Ätsch, Herr Bush!“

Bei uns muss man ja in den nächsten Tagen nur zwischen Fichte oder Tanne wählen. Wie entscheiden Sie sich?

Egal wie, immer zu spät. Diese verdammte Hetze!

Obwohl die Karstadts und Media-Märkte nur so brummen, konsumieren die Deutschen angeblich immer noch zu wenig. Was kann man dagegen tun?

2004 kann man eh sehen als das Jahr des Wühltisches. „Geiz ist geil“, „Ich bin doch nicht blöd“, der Siegeszug der Schnäppchenmarktwirtschaft. Wo ist eigentlich das Problem mit der Leitkultur, wenn unsere so heißt wie die aller Zuwanderer: Aldi ?

Was wünschen Sie sich zu Weihnachten?

Einen neuen Trainer.

Und was macht Borussia Dortmund in der Winterpause?

Keine Weihnachtsgeschenke.

FRAGEN: DAH